Sehr geehrte Frau Schulz,
die Partei „Die Linke“ ist für mich ein politischer Wettbewerber im demokratischen Parteienspektrum. Wie für alle anderen demokratischen Parteien gilt auch für diese Partei, dass Entscheidungen über eine Koalition mit ihr anhand von Programmatik und Personen getroffen werden.
In Brandenburg beobachte ich, dass die Partei- und Fraktionsspitze einen widersprüchlichen Kurs verfolgt. Auf der einen Seite stellt sie die Partei mit ihrer innerparteilichen Kampagne „Dialog der Regionen“ auf einen pragmatischen Kurs ein. Auf der anderen Seite initiiert oder unterstützt sie eine Reihe von „Wünsch-Dir-was-Kampagnen“, die Zweifel an ihrer finanzpolitischen Seriosität aufkommen lassen. Völlig unakzeptabel ist für mich auch die Forderung der Brandenburger Linken nach einem Ausstieg aus der Braunkohle, da sie sowohl die sich daraus ergebenden hohen Arbeitsplatzverluste in der Lausitz als auch die Notwendigkeit einer künftigen bezahlbaren Energieversorgung völlig ausblendet. Ich halte das für unverantwortlich und realitätsfern. Die Partei steht meines Erachtens in Brandenburg gegenwärtig mitten in einem Klärungsprozess, ob sie auch weiterhin nur Oppositionspartei sein will, oder ob sie sich gegenüber den Realitäten öffnet und dadurch möglicherweise Regierungsfähigkeit erlangt. Ich beobachte das sehr aufmerksam und mit großem Interesse.
Auf Bundesebene beurteile ich die Entwicklung der Partei „Die Linke“ und die Möglichkeit einer Kooperation mit ihr anders. Während in den meisten ostdeutschen Landesverbänden die Kräfte an Einfluss gewinnen, die in ihren Ländern und Kommunen Verantwortung übernehmen und eine realistische Politik voranbringen wollen, profiliert sich „Die Linke“ auf Bundesebene unter dem Einfluss westdeutscher Politiker als reine Protestpartei. Meines Erachtens hat „Die Linke“ dabei eine antiaufklärerische Funktion, wenn sie etwa die Tatsache leugnet, dass eine Gesellschaft des längeren Lebens zu Reformen bei der sozialen Sicherung führen muss. Die Linke setzt ausschließlich auf die Mobilisierung der Ängste in der Bevölkerung, nicht auf eine reformerische Gestaltungspolitik. Eine solche Politik kann für die SPD kein Bündnispartner sein, um verantwortungsvolle Politik auf Bundesebene zu betreiben. Der Weg der Linken, das zu verändern, ist dabei noch sehr, sehr weit.
Mit freundlichem Gruß
Matthias Platzeck
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