Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Thomas Willweber am 02. Januar 2008
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Bildung

Schulstandorte

Sehr geehrter Herr Platzeck,
wann stoppen Sie endlich die für alle verwirrende, unsicherheitschaffende und für die einzelnen Regionen vernichtende Schulpolitik Ihres Bildungsministers ??? Jeder neue Minister - eine neue Novellierung des Schulgesetzes. Wissen Sie, das es um Menschen geht, um die schwaächsten im Glied, die Kinder ?!?!? Was spricht gegen einheitliche Schulpolitik, was gegen das Bildungssystem asu DDR-Zeiten ??? Ihr Bildungsminister warnt vor einer Stärkung/Monopolstellung der privaten Schulen - merkt der Mann eigentlich, das private Schulen doch nur wegen seiner verfehlten Schulpolitik für die Kommunen interesssant werden. Hier geht es doch um existenzielle Standortprobleme. Konkret spreche ich für die Stadt Dahme. Was soll man denn den Bürgern noch anbieten, das sie in Dahme bleiben, wenn wir alles reduzieren, keine zentralen Aufgaben mehr haben ? Mit der nötigen Förderung durch das Arbeitsamt wandern immer mehr Jugendliche in Altbundesländer ab bzw. werden exportiert, so als wolle man den Osten/tiefsten Osten als grüne Oase ohne Bevölkerung herrichten ??? Wo sind die von uns gewählten Abgeordneten, die Ihre Region aus der sie kommen, auch in deren Sinne vertreten ???

Mit freundlichen Grüßen aus Dahme/Mark

Thomas Willweber
Bürgermeister/Kreistagsabgeordneter
parteilos

+87

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Antwort
von Matthias Platzeck am 04. März 2008
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Willweber,

den spürbaren Zorn Ihres Schreibens werte ich als Engagement in der Sache. Letzteres eint unsere Überlegungen für unser Land Brandenburg.

So wie Sie sorgen sich viele Bürgerinnen und Bürger sowie die Schulträger um den Fortbestand Ihrer Schulen. Doch realistischerweise muss das Land der Tatsache Rechnung tragen, dass sich die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren halbiert haben. Es ist die Pflicht der Landesregierung, auf veränderte demografische Bedingungen zu reagieren. Ich weiß von vielen Besuchen im Land, dass solche Anpassungen für die Betroffenen oft eine Zumutung darstellen. Der dramatische Einbruch der Schülerzahlen in den vergangenen Jahren aufgrund des so genannten Geburtenknicks der Wendezeit konnte jedoch nicht ohne Folgen für die Schulstandorte bleiben.

Die Landesregierung hat die Probleme einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft frühzeitig erkannt. Denn es geht nicht nur um die Schulen, es geht um Verkehrswege, um ärztliche Versorgung und um vieles mehr. Das alles Entscheidende ist aber – und das sprechen Sie in Ihrer Frage ja auch an –, den Menschen eine Perspektive in unserer Heimat Brandenburg zu geben und ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass es sich lohnt, hier zu leben, zu arbeiten und eine Familie zu gründen. Dem ist das gesamte Handeln der Landesregierung untergeordnet.

So hat die Landesregierung vergangenes Jahr den „Tag des offenen Unternehmens“ initiiert, um die Bürgerinnen und Bürger für berufliche Perspektiven in ihrem Wohnumfeld zu interessieren. Erfolgreich sind auch unsere Bemühungen, jedem Jugendlichen, der dies wünscht, einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Erst vergangene Woche hat Minister Dagmar Ziegler ein bundesweit einmaliges Fachkräfteinformationssystem freigeschaltet, das eine Orientierung zur Entwicklung des Bedarfs im Land geben soll. Das von der Landesagentur für Struktur und Arbeit (LASA) entwickelte Portal ist über www.fachkräfte-brandenburg.de oder die Internetseiten der LASA www.lasa-brandenburg.de abzurufen. Mit einem umfangreichen Maßnahmepaket sorgen wir dafür, dass Brandenburg auf dem Weg zu mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit vorankommt.

Doch nun konkret zu Ihrer Frage der Schulperspektiven in Dahme. Um die schwierigen Bedingungen an der Oberschule Dahme und ihre unsichere Perspektive sachlich darstellen zu können, möchte ich einen kurzen Rückblick wagen, der zum besseren Verständnis der momentanen Situation beitragen soll. Mit der Umstellung des brandenburgischen Schulsystems im Sommer 1991 wurde in der Stadt Dahme neben der Grundschule eine Gesamtschule errichtet, die erstmals im Schuljahr 1992/93 auch eine gymnasiale Oberstufe hatte, so dass fast 15 Jahre eine Abiturausbildung in Dahme möglich war. Die Schülerinnen und Schüler für die gymnasiale Oberstufe kamen überwiegend aus der Grundschule im Ort und aus der benachbarten Grundschule Werbig.

Mit dem enormen Schülerrückgang und den Schwankungen im jährlichen Wahlverhalten beim Übergang an die Gesamtschule musste das Land auf die sich verändernde Situation reagieren, um eine regional ausgewogene schulische Versorgung zu garantieren. Dabei war das Bildungsministerium um flexible und kreative Lösungen im Interesse der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern bemüht. Ich erinnere dabei an das System Kleiner Grundschulen, um ein zumutbar erreichbares Schulangebot für die jüngsten Schüler zu erhalten, oder an die abgesenkte Mindestschülerzahl von 2 x 15 Schülerinnen und Schüler je Jahrgang für Oberschulen beziehungsweise Gesamtschulen, sofern sie das einzige weiterführende schulische Angebot sind. Die Beibehaltung dieser Regelung trotz der absehbaren Neuordnung des Ihnen bekannten Landesentwicklungsplanes Berlin - Brandenburg gehört ebenfalls dazu.

Konkret in Dahme haben sich für das Schuljahr 2007/2008 von den 18 Schülerinnen und Schülern der 6. Klasse der Grundschule Werbig und von den 44 Schülerinnen und Schülern der Grundschule Dahme nur 20 und damit etwa nur ein Drittel für die Klassenstufe 7 an der Oberschule Dahme angemeldet. Diese Schülerzahlen reichten selbst mit der eingeräumten Ausnahmeregelung nicht aus, um den Schulstandort zu stabilisieren.

Mit dem enormen Schülerrückgang ist es im Schuljahr 2005/06 auch nicht mehr möglich gewesen, 11. Klassen an dieser Schule einzurichten, weshalb die Umwandlung der Gesamtschule in eine Oberschule erforderlich wurde. Außerdem ist festzustellen, dass sich beim Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I ein erheblicher Anteil der Kinder für die Gymnasien in Jüterbog beziehungsweise Luckau entschieden hat. Zudem stößt auch das neue Angebot des privaten evangelischen Gymnasiums in Doberlug-Kirchhain bei den Eltern auf Interesse. Mit der Wandlung der Gesamtschule in eine Oberschule zum Schuljahr 2006/07 reichten die Anmeldezahlen für die Jahrgangsstufe 7 trotz des Grundzentrenbonus erstmalig für eine Klassenbildung nicht mehr aus. Zum Schuljahr 2007/08 war eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen. Bei allem Verständnis für diese schwierige Situation bitte ich Sie zu bedenken, dass von Seiten des Bildungsministeriums das gesetzlich eingeräumte Elternrecht bei der Wahl des künftigen Bildungsganges und der Schule nicht beliebig eingeschränkt werden kann.

Aus meiner Sicht kommt es nun darauf an, sich auf die besondere pädagogische Ausrichtung der Grundschule Dahme zu konzentrieren. Ich nenne hierbei die bewährte flexible Eingangsstufe und die verlässliche Halbtagsschule in Verbindung mit dem örtlichen Hort. Sie stellen als regionales Ganztagsangebot im Primarbereich mit Blick auf die nachwachsenden Schülerjahrgänge ein Angebot dar, das es zu unterstützen lohnt.

Lassen Sie mich, sehr geehrter Herr Willweber, zum Abschluss noch kurz auf Ihre Replik auf die Schule zu DDR – Zeiten eingehen. Ich gehöre wahrlich nicht zu denen, die sie – jenseits der politischen Indoktrination – grundsätzlich verdammen. Ich habe oft dazu meine Haltung geäußert. Nicht umsonst ist Brandenburg das Land der Bundesrepublik, dass auf Grund seiner Schulstruktur nachweislich als das mit der größten Durchlassfähigkeit eingeschätzt wird. Nur müssen, so bitter es auch in Ihrem Einzelfall ist, Schüler vorhanden sein, die die Angebote nutzen. Alles andere als eine ehrliche Politik bringt uns nicht weiter. Auch dafür stehe ich.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Platzeck