Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Helmut Mencke am 14. März 2008
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Umwelt

Wahrnehmungskontrast

Sehr geehrter Herr Platzeck,

Ihre Antwort auf meinen Beitrag "Kein Nachtflug in Schönefeld" löst in mir ganz unterschiedliche Empfindungen aus. Einerseits rührt mich Ihre Offenheit an, mit der Sie sich zu erkennen geben, andererseits bin ich an der einen oder anderen Stelle einem unangenehmen Gefühl erlegen.

Ich kann ganz in Ihrer Nähe sein, wenn Sie sich als politisch Tä­tiger so gut wie immer zwischen den Stühlen sitzend fühlen. Es macht mich aber aufmerksam, wenn ich aus Ihrer Erwiderung heraus­lese, für Sie hätte Politik etwas damit zu tun "es allen recht zu machen".
Ich halte diese Sicht für wichtig genug, um über sie nachzudenken. Der aus dieser Erkenntnis heraus Handelnde bewegt sich ja in ver­hältnismässig engen Grenzen. Sollte er sich nicht einer höheren Einsicht verbunden fühlen, einer Einsicht, die ihren gegenständli­chen Ausdruck in unserem Grundgesetz gefunden hat? Nicht ohne Grund ist der Politiker durch ein sehr persönliches Ritual mit ihm verbunden.

Ihrer Einstellung begegnet der Leser Ihrer Antwort in anschauli­cher Weise in Ihrem Blick auf das Leipziger Urteil wieder.
Hier legen Sie ihm das Bild von einem bedeutenden Vorgang nahe, bemühen die Rechtsgeschichte, sprechen gar von einer "tragfähigen Abwägung", nennen auch den Begünstigten, nämlich die wirtschaftli­che Entwicklung.
Im Lichte Ihrer politischen Erkenntnis mag dieses Geschehen so von Ihnen wahrgenommen werden. Der Benachteiligte sieht dies etwas an­ders und ihm drängen sich Fragen auf.

Ich fühle mich als einer der Unkostenträger und erlebte das Unver­mögen der Leipziger Justiz, die Standortwahl für einen neuen Flughafen überhaupt einer Be­trachtung zu unterziehen; vom Standpunkt des Betroffenen ein Scheitern des Gerichts an seiner eigentlichen Aufgabe und für die Rechtsgeschichte eher eine bedenkliche Episode.
Schon aus diesem Grund kann von einer "tragfähigen Abwägung" nicht gesprochen werden.
Bisher wurden nur die Betroffenen einer Prüfung auf ihre ideelle und materielle Tragfähigkeit unterzogen.
Deshalb eine konkrete Frage Herr Platzeck:
Können Sie an irgendeiner Stelle der gesamten Entwicklung erken­nen, dass die Befürworter des Flughafens am Standort Schönefeld irgendwelche persönlichen Nachteile oder Einbußen in Kauf nehmen mussten oder müssen?
Mit einem Blick auf die Begehrlichkeiten der Flughafenbetreiber bezüglich der Anzahl der Nachtflüge und der Stellungnahmen der Fluggesellschaften in der jüngsten Auslegung der Unterlagen sehe ich mich weiterer finanzieller Belastungen ausgesetzt. Von der an­gekündigten Anhörung im April verspreche ich mir kein unpartei­isches Verfahren, erinnere ich mich doch noch deutlich an das Er­gebnis der Ersten in Schöneweide. Ich stelle mich deshalb auf wei­tere Klagen ein.
Eine zweite Frage: Werden Sie dafür arbeiten, einen Fonds einzu­richten, der den Betroffenen diese Aufwendungen erstattet?
Mit einer derartigen Einrichtung würde die Landesregierung ihren Willen zu erkennen geben, die entstehenden Lasten nicht nur der einen Seite aufzuerlegen. In mir würde ein Gefühl dafür entstehen, dass mein Wunsch nach Gleichbehandlung ernst genommen wird.

Mit der Gewissheit, die Sie mir bezüglich der Durchsetzung des Leipziger Urteils verheißen, bin ich vorsichtig. Brandenburg, Ber­lin und der Bund, sie wollen den Flughafen ja nur, sind nicht die Betreiber; diese haben ihre Vorstellungen deutlich ausgespro­chen. Ich erlebe darin eine Missachtung des Leipziger Urteils. Wie sich jene Dreie dazu stellen, wird sich erst noch zeigen.

Kopfzerbrechen hat mir noch der Schluss Ihrer Antwort gemacht. Ich kann mich mit der Nachbarschaft der "dreieinigen, gewaltigen Ge­sellen" und Ihrem "Ergebnis rechtsstaatlichen Handelns" als Gegen­sätze nicht abfinden. Zu lebendig ist der Eindruck, der mich ein­nahm, als die Dreieinigen, die Herren Wissmann, Diepgen und Stol­pe, das Raumordnungsverfahren von 1994 ohne eine erkennbare Not durch den Konsensbeschluss von 1996 ersetzten.
Ich werde Ihre Wahrnehmung des Gesamtgeschehens nicht in Frage stellen. Aus Ihrer Erkenntnis, "dass es Politik selten allen recht machen kann" ist sie zwar erklärbar, aber bleibt für mich, den Be­nachteiligten, eine eingeengte, unzureichende.

Mit freundlichem Gruß,

Helmut Mencke

+98

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Antwort
von Matthias Platzeck am 16. April 2008
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Mencke,
verehrter Berliner Nachbar,

ich danke für die Interpretation meiner Zeilen. Meine Art ist dies nicht. Der Märker sagt in aller Regel, was er meint, und akzeptiert überdies die Urteile höchster deutscher Gerichte. So auch ich. Um nicht erneut Anlass zur Hinterfragung meiner Zeilen zu liefern, fällt meine Antwort klar und knapp aus.

Der BBI ist größtes Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands. Für unsere Region bedeutet er Zukunftschancen, Arbeitsplätze und Beschäftigungseffekte bis in die Lausitz, das Oderland oder den Fläming hinein - und natürlich im unmittelbaren Umfeld. Als deutliches Indiz für die Richtigkeit dieser Aussage werte ich auch den nichtabreißenden Zuzug in die Anrainergemeinden des BBI.

Im Gegenzug haben die Flughafenplaner für die langjährigen Bewohner der Region umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen. Ihre Ausgestaltung ist zum ersten gesetzlich vorgegeben, zum zweiten von der Justiz gefordert und zum dritten Anliegen der Landesregierung. Um die genaue Umsetzung ringen die politisch Verantwortlichen vor Ort mit den politisch Verantwortlichen im Land und den Airportbetreibern. Ich bin guter Hoffnung, dass das Gespräch miteinander zu tragfähigen Kompromissen führen wird.

Und um abschließend weiteren Missverständnissen vorzubeugen: die „dreieinigen, gewaltigen Gesellen“ hatten Sie ins Internetforum eingebracht...

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Platzeck