Sehr geehrter Herr Platzeck,
Ihre Antwort auf meinen Beitrag "Kein Nachtflug in Schönefeld" löst in mir ganz unterschiedliche Empfindungen aus. Einerseits rührt mich Ihre Offenheit an, mit der Sie sich zu erkennen geben, andererseits bin ich an der einen oder anderen Stelle einem unangenehmen Gefühl erlegen.
Ich kann ganz in Ihrer Nähe sein, wenn Sie sich als politisch Tätiger so gut wie immer zwischen den Stühlen sitzend fühlen. Es macht mich aber aufmerksam, wenn ich aus Ihrer Erwiderung herauslese, für Sie hätte Politik etwas damit zu tun "es allen recht zu machen".
Ich halte diese Sicht für wichtig genug, um über sie nachzudenken. Der aus dieser Erkenntnis heraus Handelnde bewegt sich ja in verhältnismässig engen Grenzen. Sollte er sich nicht einer höheren Einsicht verbunden fühlen, einer Einsicht, die ihren gegenständlichen Ausdruck in unserem Grundgesetz gefunden hat? Nicht ohne Grund ist der Politiker durch ein sehr persönliches Ritual mit ihm verbunden.
Ihrer Einstellung begegnet der Leser Ihrer Antwort in anschaulicher Weise in Ihrem Blick auf das Leipziger Urteil wieder.
Hier legen Sie ihm das Bild von einem bedeutenden Vorgang nahe, bemühen die Rechtsgeschichte, sprechen gar von einer "tragfähigen Abwägung", nennen auch den Begünstigten, nämlich die wirtschaftliche Entwicklung.
Im Lichte Ihrer politischen Erkenntnis mag dieses Geschehen so von Ihnen wahrgenommen werden. Der Benachteiligte sieht dies etwas anders und ihm drängen sich Fragen auf.
Ich fühle mich als einer der Unkostenträger und erlebte das Unvermögen der Leipziger Justiz, die Standortwahl für einen neuen Flughafen überhaupt einer Betrachtung zu unterziehen; vom Standpunkt des Betroffenen ein Scheitern des Gerichts an seiner eigentlichen Aufgabe und für die Rechtsgeschichte eher eine bedenkliche Episode.
Schon aus diesem Grund kann von einer "tragfähigen Abwägung" nicht gesprochen werden.
Bisher wurden nur die Betroffenen einer Prüfung auf ihre ideelle und materielle Tragfähigkeit unterzogen.
Deshalb eine konkrete Frage Herr Platzeck:
Können Sie an irgendeiner Stelle der gesamten Entwicklung erkennen, dass die Befürworter des Flughafens am Standort Schönefeld irgendwelche persönlichen Nachteile oder Einbußen in Kauf nehmen mussten oder müssen?
Mit einem Blick auf die Begehrlichkeiten der Flughafenbetreiber bezüglich der Anzahl der Nachtflüge und der Stellungnahmen der Fluggesellschaften in der jüngsten Auslegung der Unterlagen sehe ich mich weiterer finanzieller Belastungen ausgesetzt. Von der angekündigten Anhörung im April verspreche ich mir kein unparteiisches Verfahren, erinnere ich mich doch noch deutlich an das Ergebnis der Ersten in Schöneweide. Ich stelle mich deshalb auf weitere Klagen ein.
Eine zweite Frage: Werden Sie dafür arbeiten, einen Fonds einzurichten, der den Betroffenen diese Aufwendungen erstattet?
Mit einer derartigen Einrichtung würde die Landesregierung ihren Willen zu erkennen geben, die entstehenden Lasten nicht nur der einen Seite aufzuerlegen. In mir würde ein Gefühl dafür entstehen, dass mein Wunsch nach Gleichbehandlung ernst genommen wird.
Mit der Gewissheit, die Sie mir bezüglich der Durchsetzung des Leipziger Urteils verheißen, bin ich vorsichtig. Brandenburg, Berlin und der Bund, sie wollen den Flughafen ja nur, sind nicht die Betreiber; diese haben ihre Vorstellungen deutlich ausgesprochen. Ich erlebe darin eine Missachtung des Leipziger Urteils. Wie sich jene Dreie dazu stellen, wird sich erst noch zeigen.
Kopfzerbrechen hat mir noch der Schluss Ihrer Antwort gemacht. Ich kann mich mit der Nachbarschaft der "dreieinigen, gewaltigen Gesellen" und Ihrem "Ergebnis rechtsstaatlichen Handelns" als Gegensätze nicht abfinden. Zu lebendig ist der Eindruck, der mich einnahm, als die Dreieinigen, die Herren Wissmann, Diepgen und Stolpe, das Raumordnungsverfahren von 1994 ohne eine erkennbare Not durch den Konsensbeschluss von 1996 ersetzten.
Ich werde Ihre Wahrnehmung des Gesamtgeschehens nicht in Frage stellen. Aus Ihrer Erkenntnis, "dass es Politik selten allen recht machen kann" ist sie zwar erklärbar, aber bleibt für mich, den Benachteiligten, eine eingeengte, unzureichende.
Mit freundlichem Gruß,
Helmut Mencke
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