Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Lutz Jenek am 25. November 2008
13263 Leser · 374 Stimmen (-1 / +373) · 0 Kommentare

Vorhaben, Vorschläge und Ideen

Polnisch-deutsches Verhältnis

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Matthias Platzeck,

in meinem Anliegen geht es mir um einen Beitrag zum polnisch -deutschen Verhältnis. Sie wissen sicher um dieses äusserst schwierige und im Vergleich zu anderen Nachbarn komplizierte Verhältnis zu unserem östlichen Nachbarn, dessen Mentalität ich aus persönlichem Interesse sehr gut kenne. Ich bin sehr oft dort und kenne die Menschen, kann mich mit Ihnen unterhalten. Es sind, wie so oft, nur kleine Dinge, die im Verständnis der Polen über die Deutschen die Denkweisen dort bestimmen bzw. auch Meinungen prägen. So fällt es mir (und noch mehr den Polen) auf, dass z.B. auf unseren Autobahnen oft Richtungsangaben nur unter Hinzuziehung ausschliesslich der deutschen Bezeichnungen von Städten (Breslau, Stettin, Warschau) zu lesen sind, was sicher uns Deutsche weder stört noch irritiert, ebensowenig unsere polnischen Nachbarn, da sie die Geschichte gut kennen und sich trotzdem orientieren können. Ich denke jedoch, dass es richtig wäre, beide Namens- oder Schreibweisen zusammen anzugeben, da dies für unsere polnischen Nachbarn ein Akzeptanz- u. Achtungsbeweis wäre, der zudem sicher gut mit dem Zeitgeist konform geht. Dies ist ohne komplizierte Programmatik oder auch ohne parlamentarischen Beschluss zu realisieren, zumal wir doch alle wissen, dass Breslau jetzt Wroclaw, Stettin jetzt Szczecin heissen und Warschau eigentlich schon immer Warszawa hiess. Im übrigen würden wir uns diesbezüglich den Gepflogenheiten in anderen Ländern anpassen (Slowenien schildert Graz in Österreich immer mit Gradac-Graz aus, Ungarn und Kroatien Wien traditionell immer zweisprachig mit Wien- Becs) ohne das jemand seinen Stolz verliert. Was unsere polnischen Nachbarn angeht, so weiss ich, dass auch in diesem Fall ein solcher Achtungsbeweis mehr bewirkt, als die Zusagen von Euro-Förderung aus Brüssel.
Als ein von Herzen sesshafter Brandenburger mit grossem Interesse für unseren östlichen Nachbarn verbleibe ich mit freundlichen Grüssen

Lutz Jenek

+372

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Matthias Platzeck am 25. Februar 2009
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Jenek,

es freut mich sehr, dass Ihnen das deutsch-polnische Verhältnis so sehr am Herzen liegt. Wir hier in Brandenburg haben ein großes Interesse daran, die Beziehungen zu unseren polnischen Nachbarn so eng wie möglich zu gestalten – und das nicht nur vor dem Hintergrund der leidvollen geschichtlichen Erfahrungen. Die brandenburgische Landesregierung und ich persönlich widmen der Pflege und dem Ausbau dieser Beziehungen sehr große Aufmerksamkeit. Um nur einige Beispiele zu nennen: Es gibt mittlerweile die Oderpartnerschaft, in der sich deutsche Bundesländer und polnische Wojewodschaften regelmäßig austauschen. Ich selbst habe die Cottbuser Gespräche initiiert, bei denen ich mit den polnischen Wojewoden und Marschällen aktuelle Fragen der Zusammenarbeit besprechen kann. Im vergangenen Jahr hatten bei uns in Potsdam die Deutsch-Polnischen Medientage ihre Premiere. Die Menschen in Brandenburg und Polen – davon bin ich überzeugt – spüren inzwischen, wie viel sich in den vergangenen Jahren auf dem Wege der Verständigung getan hat und wie vorteilhaft das für sie ist. Geradezu mit Händen zu greifen sind die positiven Veränderungen seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union vor fünf Jahren. Gerade auch der private Reiseverkehr hat davon profitiert.

Im konkreten Fall haben Sie, sehr geehrter Herr Jenek, völlig recht: auch scheinbare Kleinigkeiten wie die von Ihnen geschilderten können manchmal große Wirkungen entfalten: das ist so im privaten Leben, das ist auch im Verhältnis zwischen Staaten so. Ich hoffe, ich kann Ihnen deutlich machen, dass man sich bei uns in Deutschland der Sensibilität in dieser Frage bewusst ist.

Die Beschilderung zu Zielen über Ländergrenzen hinweg ist bei uns in der Bundesrepublik in der Straßenverkehrsordnung (StVO), in Verwaltungsvorschriften und Richtlinien geregelt. Die deutschen Bundesländer haben Anfang 2001 entschieden, dass bei Hinweisschildern auf Ziele hinter der Grenze im Allgemeinen die ausländische Schreibweise zu wählen ist. Bei starker sprachlicher Abweichung der Ortsbezeichnung kann sowohl die ausländische und die deutsche Schreibweise verwendet werden.

In einer älteren Regelung war es genau umgekehrt festgelegt. Damals war im Allgemeinen die deutsche Schreibweise zu wählen. Bei starker sprachlicher Abweichung sollte die ausländische Bezeichnung nachgestellt werden. So kam es dann zu solchen Angaben wie Warschau-Warszawa. Selbstverständlich, sehr geehrter Herr Jenek, wird bei Umbau und Instandsetzung sowie beim Austausch von bestehenden Wegweisern nach den neuen rechtlichen Vorschriften verfahren. Dies erfolgt aus Kostengründen aber schrittweise. So ist die Beschilderung bereits in einigen Abschnitten der Bundesautobahn 11 an die neuen Richtlinien angepasst worden. Ich bitte Sie aber auch zu bedenken, dass aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht gänzlich auf die deutsche Schreibweise verzichtet werden kann. Das gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, schnell ein Ziel zu erkennen.


Mit freundlichem Gruß,

Matthias Platzeck