Sehr geehrter Herr Guth,
Sie können sicher sein, die Schilderung von Einzelschicksalen von Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit oder Erwerbsminderung lässt mich nicht kalt. Ihre Zeilen haben mich nachdenklich und betroffen gemacht. Lassen Sie mich deshalb auch etwas ausführlicher ausholen. Ja, Sie haben recht, ich war und bin der Meinung, dass es richtig war, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzuführen. Dahinter stand der für mich noch heute richtige Ansatz, dass auf dieser Basis mehr Menschen in die Arbeitsvermittlung einbezogen und gefordert werden, um schließlich wieder in Lohn und Brot zu kommen. Denn darum, sehr geehrter Herr Guth, geht es letztlich. Ich hoffe und wünsche von Herzen, dass auch Ihre Frau früher oder später eine neue Chance auf dem Arbeitsmarkt erhält, die es Ihnen gemeinsam ermöglicht, finanziell sorgenfreier in die Zukunft zu blicken.
Doch nun zu Ihrem konkreten Anliegen: Sie fragen, warum Ihnen Zinsen aus Ihrem Sparguthaben auf den so genannten Hartz-IV-Regelsatz angerechnet werden und schlagen vor, Zinsen aus geschütztem Vermögen wie etwa vom Sparbuch bei der Berechnung der Leistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dazu ist es nötig, etwas zur Philosophie der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu sagen. Ich tue dies, um bei Ihnen etwas Verständnis für das Handeln des Gesetzgebers zu wecken. Bei dieser Grundsicherung handelt es sich um ein steuerfinanziertes Sozialleistungssystem. Es umfasst – wie der Name vermuten lässt - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dieses Sicherungsnetz setzt grundsätzlich erst dann ein, wenn Menschen ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten können, also hilfebedürftig sind.
Dies, sehr geehrter Herr Guth, ist der Grund, warum bei der Auszahlung einer solchen Leistung auch Vermögensgegenstände berücksichtigt werden. Auch dafür gibt es gute Gründe. Der Gesetzgeber hat zugunsten der Allgemeinheit, die ja mit ihren Steuerzahlungen das Geld für die Grundsicherung Bedürftiger aufbringt, abgewogen.
Der Gesetzgeber hat in diesem Sinne festgelegt, dass Zinsgutschriften aus einem Sparguthaben als Einkommen des Hilfebedürftigen bei Hartz-IV-Leistungen berücksichtigt werden. Allerdings: Bis zu einem Betrag von 50 Euro jährlich werden auch solche Gutschriften nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet. Und es gibt weitere Festlegungen, die den Betroffenen im – zugegeben – geringem Umfang die vorhandene Lebensgrundlage und die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit erhalten sollen. So steht beispielweise Hilfebedürftigen, die vor dem 01. Januar 1958 geboren sind, ein allgemeiner Vermögensfreibetrag von 9.750 Euro zu. Geschützt ist außerdem Vermögen, das der Altersvorsorge dient und erst beim Eintritt in den Ruhestand verwertet werden kann. Bei Vermögen, das der Altersvorsorge dient, sind auch die Zinserträge aus diesem Vermögen geschützt, da auch sie dem Zweck der Altersvorsorge dienen.
Sehr geehrter Herr Guth, mir ist bewusst, dass meine Argumente Sie womöglich nicht restlos überzeugen können. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass sich der Gesetzgeber hier in einem schwierigen Abwägungsprozess befand und befindet.
Mit allen guten Wünschen für Ihre Frau und für Sie
Mit freundlichem Gruß
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