Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Anne Kraschinski am 04. August 2009
13275 Leser · 122 Stimmen (-3 / +119) · 0 Kommentare

Sonstiges

Ernst Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals

Sehr geehrter Herr Platzeck,
mit Wut und Entsetzen verfolge ich mit den GenossINNen
hier in der Region, was bei Ihnen in Brandenburg mit der
Gedenkstätte des großen deutschen Arbeiterführers
Ernst Thälmann geschieht. Es ist unfaßbar, dass die Erinnerung
an diesen Mann, der Symbol für den Widerstand gegen den
Faschismus ist und diesem zu Opfer fiel, mit Füßen getreten wird.

Was werden Sie, Herr Ministerpräsident, dagegen tun?

Sie gehören der SPD an und da gibt es zumindest gemeinsame
Wurzeln mit der kommunistischen Arbeiterbewegung!
Ich bitte Sie, sich mit aller Kraft für den Erhalt der Gedenkstätte
einzusetzen , auf das sie ein Mahnmal für uns und kommende
Generationen sein kann.

Mit freundlichen Grüßen
Anne Kraschinski

+116

Über diesen Beitrag kann nicht mehr abgestimmt werden, da er bereits beantwortet wurde.

Antwort
von Matthias Platzeck am 25. September 2009
Matthias Platzeck

Sehr geehrte Frau Kraschinski,

vielen Dank für Ihren emotionalen Eintrag auf meinem Portal. Gerade nach den Entbehrungen an freier, provokanter Meinungsäußerung in den jüngeren Jahren meines Lebens in der DDR schätze ich spürbare emotionale Anteilnahme am Zeitgeschehen. Zu Ihrer Frage: Ich bin generell dafür, das Andenken an deutsche Arbeiterführer aufrecht zu erhalten, zumal wenn sie – wie Ernst Thälmann - im Kampf gegen die faschistische Gewaltherrschaft ihr Leben gelassen haben. ´Zukunft braucht Herkunft´ - zu diesem, meinem Leitspruch stehe ich auch in diesem von Ihnen beschriebenen Fall. Erinnerung sollte dabei in einer Art und Weise geschehen, die der jeweiligen Persönlichkeit eigenes Wirken und besondere Leistungen würdigt, aber auch Widersprüche und Irrwege nicht ausspart, mithin ein historisch weitgehend korrektes Bild ermöglicht.

Zum konkreten Fall: Wie Sie wissen, hat der Eigentümer des Grundstücks vom Landkreis Dahme-Spreewald eine Abbruchgenehmigung für das bestehende Gebäude erhalten. Diese Entscheidung ist nach den denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen nicht zu beanstanden. Der Eigentümer hat geltend gemacht, dass für ihn der Erhalt des Gebäudes und die Öffnung für Besucher unter Berücksichtigung der Sanierungs- und laufenden Unterhaltungskosten eine unzumutbare Kostenbelastung darstellt.

Nach Feststellung der Experten konnte der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals nicht der Rang eines nationalen Kulturgutes eingeräumt werden. Auch wenn Sie, sehr geehrte Frau Kraschinski, das anders sehen mögen: eine Ursache liegt im Handeln der DDR-Behörden.

Bei dem sogenannten Sporthaus Ziegenhals, in dem die Gedenkräume eingerichtet wurden, handelt es sich bereits nicht mehr um das Originalgebäude der illegalen KPD-Tagung vom 7.02.1933, dieses musste aufgrund mangelnder Pflege wegen Baufälligkeit in den 50er Jahren abgerissen werden. Das heutige Gebäude "Sporthaus Ziegenhals" wurde 1958/59 errichtet und am 16.04.1959, dem 73. Geburtstag Thälmanns, im Beisein Walter Ulbrichts als Ernst-Thälmann-Gedenkstätte der Öffentlichkeit übergeben.

Selbst die wichtige Frage, ob das historische Sitzungszimmer "Thälmann-Raum" dabei erhalten blieb und umbaut wurde, konnte nicht geklärt werden. Hinzu kommt: Bereits bei Einrichtung der ersten Thälmann-Gedenkstätte am 7.02.1953 im damals noch vorhandenen historischen Gebäude musste die Ausstattung des Sitzungsraums auf Grundlage von Erinnerungen einiger Teilnehmer an der KPD-Tagung rekonstruiert werden.

Sehr geehrte Frau Kraschinski, mein Eindruck ist: der Landkreis als untere Denkmalschutzbehörde ist nicht unsensibel bei seiner Entscheidung mit dem Andenken an Ernst Thälmann umgegangen. Er hat dem Eigentümer aufgegeben, Ausstattungsstücke beziehungsweise einzelne Bestandteile der Gedenkstätte zu erhalten und bis zu einer endgültigen öffentlich zugänglichen Präsentationsmöglichkeit einzulagern. Vor einem Abriss ist die Gedenkstätte zudem fotografisch, zeichnerisch und schriftlich durch Beschreibung und Auswertung vorhandener Archivalien auf Kosten des Eigentümers zu dokumentieren. Ich meine, damit ist eine Lösung gefunden worden, die die Interessen des jetzigen Eigentümers wahrt und zugleich eine spätere, sachgerechte Würdigung des historischen Ereignisses in Ziegenhals nicht verbaut.

Mit freundlichem Gruß