Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Helmut Mencke am 11. Januar 2010
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Gesundheit

Ministerpräsident, Landesregierung und Flughafengesellschaft

Guten Tag Herr Platzeck,

mich fröstelt beim Lesen Ihrer Antwort auf meinen Beitrag "Ich gehe vor das Gericht", www.direktzu.de/platzeck/messages/23628.

Ist es das in mir aufsteigende Bild von diesem nasskalten Novemberabend vor zwei Jahren? Wir überbrachten Ihnen vor Ihrem Amtssitz in Potsdam eine Vielzahl von Unterschriften gegen die Aufweichung des Nachtflugverbotes in Schönefeld.
Kein bisschen hat sich Ihr Tonfall gegen uns, die Lärmbedrohten Ihres Grossflughafenprojektes, geändert. Kalt und abweisend ist er auch jetzt wieder, ein wenig zynisch mitunter.
Oder ist es die Erinnerung an meine Gänsehaut von damals? Vierjährig lag ich im Bett meiner Grossmutter in der Briesestrasse, zwischen der Karl-Marx-Strasse und der Herrmannstrasse in Neukölln, direkt unter der Einflugschneise der Rosienenbomber.
Als Dreikäsehoch verstand ich blitzschnell, wozu die gut sind: Kaugummi, weisses Mehl und Kohlen. Das ist längst vorbei, aber die Gänsehaut, die sitzt...bis heute.

Sie schreiben mir, Zitat:

"Die selbstständige Planfeststellungsbehörde des Landes Brandenburg hat einen ergänzenden Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht, der die Hinweise des Bundesverwaltungsgerichts zum Flughafen BBI vom 16. März 2006 aufnimmt und umsetzt."
Sie wollen mir die aufgabengetreue Arbeit Ihrer Planfeststellungsbehörde vor Augen führen. Ich soll glauben, Ihre Mitarbeiter hätten sich "akribisch" (Ihre Antwort in www.direktzu.de/platzeck/messages/15224) an die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtes gehalten. Der unbedarfte Leser Ihrer Antwort könnte auch auf den Gedanken kommen:
Na, wenn das der Ministerpräsident schreibt, dann wird es ja wohl stimmen.
Wem Ihre Behörde in der praktischen Wirklichkeit zuarbeitete, sprach der Chef der Flughafengesellschaft aus. Er schreibt:
"Mit der Entscheidung (gemeint ist der Planfeststellungsbeschluss,(H.Mencke)) trägt die Behörde der Tatsache Rechnung, dass die Tagesrandzeiten für einen wirtschaftlichen Flugbetrieb unabdingbar sind."(Herr Schwarz im Wochenspiegel vom 28.10.09)

Aus berufenem Mund wird Ihnen damit bescheinigt:

Sie und Ihre Landesregierung tun alles, um diesen Flughafen doch noch einem wirtschaftlichen, sprich "sich rechnenden", Flugbetrieb zuzuführen.

Und dies auch mit dem sicheren Wissen, dass sich das Gesundheitsrisiko einer beträchtlichen Zahl von Menschen unverhältnismässig erhöht.

Sie schreiben mir weiter, Zitat:

"Ich bitte um Verständnis, dass die Landesregierung ein Klageverfahren gegen ein Projekt, das sie selbst befördert und für das einzelne Mitglieder der Landesregierung Aufsichtsratsfunktionen bei der Flughafengesellschaft Berlin Schönefeld ausüben, nicht unterstützen wird."

Ich habe mich unklar ausgedrückt, wenn Sie meinen Beitrag als Werbung für eine Unterstützung unserer Klage verstanden haben. An dieser Stelle erwarten wir keine Hilfe durch Sie und Ihre Landesregierung.

Ich sehe mich und die vielen Lärmbedrohten aber berechtigt, aus einem Geldtopf, der mit unseren Steuergeldern gefüllt ist, der Ihnen Ihr Grossprojekt überhaupt erst ermöglicht, das etwa 200.000 Menschen grundlegend beeinträchtigt, unsere aussergewöhnlichen, gerichtlichen Aufwendungen zur Sicherung einer minimalen Nachtruhe erstatten zu lassen. Dass Sie mich und die vielen Bedrohten davon ausschliessen, habe ich ohne Verständnis zur Kenntnis genommen.

Etwas anderes in Ihrer Antwort hat mich noch viel mehr beunruhigt: Trotz der Aufsichtsratsfunktionen der Mitglieder der Landesregierung in der Flughafengesellschaft ist durch diese eine Forderung von über 100 Nachtflügen an die Planfeststellungsbehörde gerichtet worden.
Und es kommt noch schlimmer:

"Langfristig jedoch wird uns die strikte Kontingentierung zwischen 5 und 6 Uhr sowie zwischen 23 und 24 Uhr im weiteren Wachstum hemmen" (Herr Schwarz im Wochenspiegel vom 28.10.09)

Es sieht jedenfalls danach aus, dass sich Herr Schwarz in der Gesellschaft der Mitglieder der Landesregierung so sicher fühlt, dass er seine weitergehenden Forderungen gleich anmeldet.

Hier nun meine Frage Herr Platzeck:
Warum nutzen Sie nicht die Werkzeuge Ihrer Landesregierung, dem dreisten, ungezügelten Effektivitätsstreben vom Schlage eines Herrn Schwarz eine Grenze zu setzen?

Übrigens:
Den zynischen Unterton, den Klägern keine unnötigen Kosten zu verursachen, habe ich vernommen, auch das unterschwellige Mitschwingen Ihrer Drohung gegen uns; von bereits gewährten finanziellen Zugeständnissen ist mir nichts bekannt.

Helmut Mencke

+51

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Antwort
von Matthias Platzeck am 04. März 2010
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Mencke,

ich respektiere, dass Sie eine andere Sicht auf den neuen Flughafen haben als der Betreiber der Infrastruktur und viele Menschen im Land, die sich von dem neuen Flughafen Entwicklung, Wachstum und Arbeitschancen für sich und ihre Kinder erhoffen. Insofern kann ich verstehen, dass meine letzte Antwort auf Ihre Fragen zu Themen des zukünftigen Flughafens Berlin Brandenburg International Sie nicht zufrieden stellte.

Doch nun zu Ihrer Frage: Ich habe Ihnen bereits in meiner letzten Antwort dargelegt, dass die Planfeststellungsbehörde des Landes Brandenburg eine unabhängige Institution ist, die in schwieriger Abwägung die Interessen der Anwohner mit den Interessen eines wirtschaftlichen Betriebes des Flughafens abzugleichen hatte. Dies hat die Behörde sowohl hinsichtlich der Nachtkernzeiten als auch der sogenannten Randzeiten in vollem Umfang geleistet. Es geht also nicht um ungezügeltes Profitstreben, sondern um die Frage, wie ein solch anspruchsvolles Projekt wirtschaftlich arbeiten kann und zugleich die Anliegen der Anwohner eingebracht werden.

Der ergänzende Planfeststellungsbeschluss, der die Hinweise des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. März 2006 aufnimmt, liegt vor und wird im Ergebnis von Klagen erneut in Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden. Dieses Ergebnis ist nun abzuwarten.

Mit freundlichen Grüßen