Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Carsten Preuß am 08. Februar 2010
11150 Leser · 49 Stimmen (-0 / +49) · 0 Kommentare

Landesregierung

Schließung der Polizeiwache Zossen und weiterer Personalabbau bei der Schutz und Kriminalpolizei

Sehr geehrter Herr Platzeck,

die Planungen der Landesregierung sehen bislang vor, dass die Polizeiwache in Zossen geschlossen wird. Dann wird es nur noch 48 Polizeiwachen im Land Brandenburg geben. Zudem sollen 585 Stellen bis 2009 bei der Landespolizei abgebaut werden und weitere 350 sollen bis 2012 folgen. Sollte es bei diesen Plänen bleiben, wird es weniger Bürgernähe geben, weniger Polizeipräsenz auf den Straßen, und es wird länger dauern, bis die Polizei vor Ort sein wird. Nicht nur das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger wird weiter beeinträchtigt.

Zossen ist auf Grund der Berlinnähe und der guten Straßen- und Bahn-Anbindung ein Schwerpunktbereich für Kriminalität. Erschwerend ist der seit 2008 zunehmende Rechtsextremismus im Schutzbereich. Nach Farbanschlägen, zerborstenen Fensterscheiben, Morddrohungen und der Verwüstung des Hauses der Demokratie wurde in Zossen nun eine neue Stufe der Eskalation rechtsextremer Gewalt erreicht. Am 22.01.2009 brannte das "Haus der Demokratie in Zossen" bis auf die Grundmauern nieder. Nach der Festnahme eines Tatverdächtigen hat sich leider der Verdacht auf Brandstiftung mit rechtsradikalem Hintergrund bestätigt. Der Wachenbereich Zossen braucht mehr denn je Bürgerinnen und Bürger mit Zivilcourage. Aber genauso brauchen wir Polizistinnen und Polizisten, die die Bürgerinnen und Bürger schützen und das Sicherheitsversprechen des Staates gegenüber seinen Bürgern wahrnehmen.

Muss aus Ihrer Sicht in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in Zossen die Sach- und Gefährdungslage neu bewertet werden?

Halten Sie es nach wie vor für vertretbar, dass die Landesregierung an den Schließungsplänen der Polizeiwache in Zossen festhält?


Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien für eine bürgernahe Polizeipräsenz ausgesprochen.

Halten Sie dieses Ziel auch mit dem geplanten Abbau von Stellen bei der Schutz- und Kriminalpolizei für realisierbar?

(Zur weiteren Info: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11720522/6... )


Viele Grüße
Carsten Preuß

+49

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Antwort
von Matthias Platzeck am 26. März 2010
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Preuß,

ich freue mich über Ihr engagiertes Einbringen in die Debatte darüber, wie wir unter veränderten demografischen Bedingungen und engen finanziellen Rahmenbedingungen in unserem Land Brandenburg auch künftig Ordnung und Sicherheit für die Menschen organisieren können. Der Innenminister ist diese schwierige Aufgabe angegangen und hat damit – wie nicht anders zu erwarten – eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Dass es mit Blick auf die Polizeireform in der Bevölkerung auch Sorgen und Ängste gibt, ist verständlich. Aber der Innenminister hat deutlich gesagt, dass die Präsenz der Polizei in der Fläche des Landes auch nach der geplanten Reform weitestgehend erhalten bleiben soll.

Zunächst, sehr geehrter Herr Preuß, ich habe volles Vertrauen in die Arbeit und die Leistungsfähigkeit unserer Polizei überall in Brandenburg – dies gilt für kleine Dörfer ebenso wie für unsere Städte, für die Lausitz genauso wie für die Prignitz, und natürlich auch für Zossen. Sie haben recht: Die dortigen Übergriffe auf das „Haus der Demokratie“ können keinen Demokraten kalt lassen. Die Ermittlungsbehörden haben auch in diesem Fall gut gearbeitet.

Doch nun zum Kern Ihrer Frage. Wie Sie wissen, hat der Innenminister zur Vorbereitung einer Polizeireform eine Expertenkommission einberufen. Ich finde es richtig, sich bei solch schwer wiegenden Entscheidungen fundierten Sachverstands zu bedienen. Diese Kommission erarbeitet nun Empfehlungen für eine künftige Gesamtstruktur der Polizei. Alles steht auf dem Prüfstand, mithin auch die Struktur der Polizeiwachen des Landes. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das den absehbaren finanziellen, demografischen und Kriminalitätsentwicklungen der nächsten Jahre standhält. Dabei kommt es nach Überzeugung der Fachleute auf ganzheitliche Betrachtungen an, isolierte Lösungen für einzelne Wachen oder Schutzbereiche helfen nicht weiter. Ziel der Polizeireform ist es, die Polizei handlungsfähig zu halten, damit die Sicherheit der Bevölkerung in allen Landesteilen auf hohem Niveau auch künftig sichergestellt bleibt.

Nach Überzeugung der Fachleute steht dem der geplante und notwendige Personalabbau bei der Polizei nicht entgegen. Einsparungen führen nicht per se zu Sicherheitseinbußen. Dass eine erfolgreiche Polizeiarbeit unter geänderten Rahmenbedingungen möglich ist, zeigt das Beispiel vieler anderer Bundesländer, die schon heute über eine geringere Polizeistärke als Brandenburg verfügen und dennoch die Innere Sicherheit wirksam gewährleisten.

Mit freundlichem Gruß