Sehr geehrter Herr Sandmann,
Sie haben recht. Der Winter hat nicht nur für Kinder tolle Rodel- Schlittschuh- und Skierlebnisse ermöglicht, sondern auch die Kommunen vor eine harte Probe gestellt. Derartig lange und frostige Perioden waren in den vergangenen Jahren selten und haben deshalb für viele Menschen im Jahr 2010 eine ganz neue Erfahrung gebracht. Viele Beschäftigte in den Städten und Gemeinden waren engagiert im Einsatz, um die Schnee- und Eisräumung zu organisieren, Streusand und Streusalz heran zu schaffen und den Winterdienst zu organisieren. Gefragt waren in solchen Zeiten aber auch Bürgersinn und Bürgerverantwortung, vor der eigenen Tür zu kehren und nicht nur immer auf andere zu zeigen.
Eine Debatte darüber, wie solche Situationen in den Kommunen besser gemeistert werden können, ist allemal legitim. Sie, sehr geehrter Herr Sandmann, schlagen nun vor, Arbeitslose und Langzeitarbeitslose zu verpflichten, bei Schneeräumungen zu helfen. Sie sollten bei Ihrem Vorschlag jedoch bedenken, dass es sich bei den von Ihnen vorgeschlagenen Arbeiten im Winterdienst um öffentlich-rechtliche Pflichtaufgaben der Kommunen handelt. Diese sollen in der Regel durch reguläre Beschäftigungsverhältnisse erfüllt und nicht im Rahmen von Zusatzjobs verrichtet werden. Deswegen ist eine allgemeine Zwangsverpflichtung von Empfängern des Arbeitslosengeldes II für Winterdienstarbeiten unzulässig.
Vielleicht noch ein Wort zum Ziel des Gesetzgebers im Umgang mit Langzeitarbeitslosigkeit. Menschen, die erwerbsfähig sind, sollen befähigt werden, eine Arbeit aufzunehmen, die ihnen ein unabhängiges Leben ermöglicht. Mit dem Arbeitslosengeld II werden Arbeitslose oder Geringverdiener unterstützt, die ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familien nicht mit eigenen Mitteln bestreiten können. Es bleibt daher immer die Aufgabe, Arbeitslosigkeit mit aktiver Arbeitsmarktpolitik zu bekämpfen und den raschen und nachhaltigen Ausstieg aus dem Bezug staatlicher Leistungen zu ermöglichen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende bietet somit einen Rechtsanspruch auf Hilfen für Bedürftige, wenn sie entweder keine Arbeit haben oder das Arbeitseinkommen nicht ausreicht.
Sehr geehrter Herr Sandmann, Sie sehen, eine generelle Arbeitspflicht löst das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit nicht. Die Angebote müssen eine echte Perspektive bieten, aus der Arbeitslosigkeit in reguläre Arbeit zu kommen. Das manchmal kolportierte Bild von Menschen, die sich nicht kümmern, sondern nur von staatlichen Leistungen leben, stimmt nicht mit der Realität überein. Bereits nach den derzeitigen Regelungen sind Bezieher von Arbeitslosengeld II zur Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit verpflichtet. Wer eine Arbeit, Ausbildung, einen Zusatzjob, ein Praktikum oder eine Eingliederungsmaßnahme verweigert, obwohl sie zumutbar ist, oder die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter ablehnt, muss mit Kürzungen des Arbeitslosengeldes II um 30 Prozent oder mehr rechnen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Aufnahme einer zumutbaren Arbeit sind aus meiner Sicht völlig ausreichend.
Aber vielleicht zielen Sie ja mit Ihrem Vorschlag auf die gesetzliche Möglichkeit, für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Diese werden allerdings im Regelfall für zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten eingesetzt, aber eben nicht für Pflichtaufgaben der Kommunen, wie den Winterdienst. Denn auch diese Möglichkeit soll letztlich darauf abzielen, den Menschen wieder einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu verschaffen.
Mit freundlichem Gruß
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