Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Philipp Sandmann am 09. Februar 2010
7994 Leser · 42 Stimmen (-5 / +37) · 0 Kommentare

Arbeitsmarkt

Erhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Platzeck,

durch offene Augen und Ohren wurden enorme Defizite in Betrachtung des Umgangs mit diesem Winter festgestellt. So ist kaum eine Gemeinde in der Lage, Gehwege, Straßen, öffentliche Plätze wie Märkte, Bahnhöfe oder ganz einfach Bushaltestellen ordnungsgemäß zu beräumen.

Den Straßenmeistereien und zuständigen Stadwerken sowie Gemeinden fehlt das Geld zur Finanzierung der Räumung.

Deshalb habe ich folgende Frage an Sie :

Ist es nicht möglich, Arbeitslose und Langzeitarbeitslose zur Schneeräumung zu verpflichten?

Im Rahmen der Arbeitslosenunterstützung werden alle gängigen Sozialleistungen geboten, die auch ein Arbeitnehmer erhält.
Deswegen ist es doch ganz und garnicht abwegig, Erwerbslose zu verpflichten. Denn diese erhalten vom Staat / Land Unterstützungen ohne Gegenleistung.

Mit einer Verpflichtung stünden sie somit in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
Der Allgemeinheit wäre geholfen, weiterhin dem Land und den Kommunen.
Da diese Überlegung nicht an der Anleitung und Aufsicht scheitern soll, sind zuständige Ordnungsämter zu verpflichten, die Obacht zu leiten.
Denn als Teil der Kommunalverwaltung besteht deren Aufgabe nunmal in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

Ich sehe den hier aufgeworfenen Aspekt als Denkanstoß, welcher hoffentlich baldiges Handeln nach sich zieht, da eben diese Thematik nicht nur im Bereich der Winterdienst- und Schneeräumtätigkeiten Anwendung finden kann.

Daher wäre ich über eine Antwort zu diesem Aspekt sehr erfreut.

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Sandmann

+32

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Antwort
von Matthias Platzeck am 20. April 2010
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Sandmann,

Sie haben recht. Der Winter hat nicht nur für Kinder tolle Rodel- Schlittschuh- und Skierlebnisse ermöglicht, sondern auch die Kommunen vor eine harte Probe gestellt. Derartig lange und frostige Perioden waren in den vergangenen Jahren selten und haben deshalb für viele Menschen im Jahr 2010 eine ganz neue Erfahrung gebracht. Viele Beschäftigte in den Städten und Gemeinden waren engagiert im Einsatz, um die Schnee- und Eisräumung zu organisieren, Streusand und Streusalz heran zu schaffen und den Winterdienst zu organisieren. Gefragt waren in solchen Zeiten aber auch Bürgersinn und Bürgerverantwortung, vor der eigenen Tür zu kehren und nicht nur immer auf andere zu zeigen.

Eine Debatte darüber, wie solche Situationen in den Kommunen besser gemeistert werden können, ist allemal legitim. Sie, sehr geehrter Herr Sandmann, schlagen nun vor, Arbeitslose und Langzeitarbeitslose zu verpflichten, bei Schneeräumungen zu helfen. Sie sollten bei Ihrem Vorschlag jedoch bedenken, dass es sich bei den von Ihnen vorgeschlagenen Arbeiten im Winterdienst um öffentlich-rechtliche Pflichtaufgaben der Kommunen handelt. Diese sollen in der Regel durch reguläre Beschäftigungsverhältnisse erfüllt und nicht im Rahmen von Zusatzjobs verrichtet werden. Deswegen ist eine allgemeine Zwangsverpflichtung von Empfängern des Arbeitslosengeldes II für Winterdienstarbeiten unzulässig.

Vielleicht noch ein Wort zum Ziel des Gesetzgebers im Umgang mit Langzeitarbeitslosigkeit. Menschen, die erwerbsfähig sind, sollen befähigt werden, eine Arbeit aufzunehmen, die ihnen ein unabhängiges Leben ermöglicht. Mit dem Arbeitslosengeld II werden Arbeitslose oder Geringverdiener unterstützt, die ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familien nicht mit eigenen Mitteln bestreiten können. Es bleibt daher immer die Aufgabe, Arbeitslosigkeit mit aktiver Arbeitsmarktpolitik zu bekämpfen und den raschen und nachhaltigen Ausstieg aus dem Bezug staatlicher Leistungen zu ermöglichen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende bietet somit einen Rechtsanspruch auf Hilfen für Bedürftige, wenn sie entweder keine Arbeit haben oder das Arbeitseinkommen nicht ausreicht.

Sehr geehrter Herr Sandmann, Sie sehen, eine generelle Arbeitspflicht löst das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit nicht. Die Angebote müssen eine echte Perspektive bieten, aus der Arbeitslosigkeit in reguläre Arbeit zu kommen. Das manchmal kolportierte Bild von Menschen, die sich nicht kümmern, sondern nur von staatlichen Leistungen leben, stimmt nicht mit der Realität überein. Bereits nach den derzeitigen Regelungen sind Bezieher von Arbeitslosengeld II zur Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit verpflichtet. Wer eine Arbeit, Ausbildung, einen Zusatzjob, ein Praktikum oder eine Eingliederungsmaßnahme verweigert, obwohl sie zumutbar ist, oder die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter ablehnt, muss mit Kürzungen des Arbeitslosengeldes II um 30 Prozent oder mehr rechnen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Aufnahme einer zumutbaren Arbeit sind aus meiner Sicht völlig ausreichend.

Aber vielleicht zielen Sie ja mit Ihrem Vorschlag auf die gesetzliche Möglichkeit, für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, Arbeitsgelegenheiten zu schaffen. Diese werden allerdings im Regelfall für zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten eingesetzt, aber eben nicht für Pflichtaufgaben der Kommunen, wie den Winterdienst. Denn auch diese Möglichkeit soll letztlich darauf abzielen, den Menschen wieder einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu verschaffen.

Mit freundlichem Gruß