Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Rudolf Finger am 09. März 2010
9759 Leser · 31 Stimmen (-0 / +31) · 0 Kommentare

Landesregierung

Abwassergebühren nach Gemeindegebietsreform

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die Gemeindegebietsreform wurde 2003 durch die Landesregierung, auch gegen den Willen mancher Gemeinden des Landes, durchgesetzt.

Nicht geregelt, bzw. auf Landesebene vorgegeben, wurde der Umgang mit den Wasser- und Abwasserbetrieben nach der Reform. Nun gibt es aber seit der Reform Handlungsbedarf. So sind in unserer Gemeinde drei Zweckverbände mit unterschiedlichen Wasser- und Abwasserpreisen für die Versorgung der Bürger verantwortlich. Eine Anpassungsmöglichkeit bezüglich einheitlicher Kosten für die Wasser- und Abwasserversorgung scheint außer Reichweite. Die Verbände müssen sich untereinander nach Antrag einer Gemeinde einig werden, die antragstellenden Kommune soll finanzielle Mittel aufbringen, um sich sozusagen von einem Verband freizukaufen, um dann ggf. in den anderen Verband aufgenommen zu werden. Ob diesen Vorgang dann die Kommunalaufsicht noch mitmacht, ist ungewiss, da der durch den Austritt betroffene Verband in eine noch schiefere finanzielle Lage kommen kann. Außerdem sollen dann möglicherweise noch Nachveranlagungen auf einen Teil der Bürger zukommen, weil die Anschlußkosten bei den Verbänden seinerzeit unterschiedlich waren.

Wie wird die Landesregierung nach Umsetzung der Gemeindegebietsreform ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgern zur Erreichnung einer Gleichbehandlung in o.a. Angelegenheit in den neu entstandenen Gemeinden gerecht?
Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Landesregierung, als Gesetzgeber und Verursacher des geschliderten Sachverhaltes, hier aktiv und lastenfrei für die betroffenen Gemeinden und vor allen Dingen den Bürgern, tätig werden muß?

Ich bitte Sie um Unterstützung, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, um eine schnelle Lösung herbeizuführen.

Ich gehe davon aus, dass unsere Gemeindeverwaltung, sowie die Ortsvorsteher, Ihre Bemühungen entsprechend der Umsetzung des Leitbildes der Gemeinde Blankenfelde- Mahlow, tatkräftig unterstützen werden.

Rudolf Finger

+31

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Antwort
von Matthias Platzeck am 03. Mai 2010
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Finger,

wenn es um die Tarife für Trinkwasser in Deutschland geht, kennen wir alle die Schlagzeilen "Bürger können sich gegen Abzocke nicht wehren" oder "Willkür bei der Preiskalkulation". Beim Lebensmittel Nr. 1 ist es dann auch verständlich, wenn wir uns über unterschiedliche Wasserpreise ärgern. Warum muss ich mehr zahlen als mein Bekannter, der nur einige Kilometer von mir entfernt wohnt? Gibt es Willkür bei der Preiskalkulation? Und: Hat meine Gemeinde oder Stadt wirklich keine Eingriffsmöglichkeiten?

Zuerst müssen wir uns fragen: Wieso gibt es keine einheitlichen Gebühren der Verbände in Brandenburg? Das kann geologische oder geografische Gründe haben wie die Siedlungsstruktur, die Siedlungsdichte oder aber auch die Wasserverfügbarkeit. Das kann mit Investitionen, aber auch mit der unterschiedlichen Ausnutzung der abgabenrechtlichen Gestaltungsspielräume zusammen hängen wie zum Beispiel einer Beitragserhebung neben den Gebühren. Daraus, sehr geehrter Herr Finger, ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Gebührenkalkulationen der einzelnen Verbände. Und: Die Wasserver- und Entsorgung erfolgt auf der Grundlage des Kostendeckungsprinzips, ist also nicht gewinnorientiert. Für die Kommunalaufsicht des Landes ist deshalb nur relevant, ob ein so genanter Aufgabenträger für seinen Zuständigkeitsbereich die Gebühren rechtmäßig kalkuliert.

Lassen Sie mich noch auf Folgendes hinweisen: Die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung sind Aufgaben der Städte und Gemeinden in Brandenburg. Die meisten Gemeinden haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich mit anderen Gemeinden zusammenzuschließen und einem Zweckverband diese Aufgabe zu übertragen.

Dabei hat der Gesetzgeber durchaus das Problem gesehen, das sich aus Gebietsänderungen der Mitgliedsgemeinden - etwa in Folge der Gemeindegebietsreform - ergeben kann. Das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit enthält daher eine Vorschrift, die einen erleichterten Austritt oder Ausschluss innerhalb von drei Monaten nach der Gebietsänderung ermöglicht. Nach Ablauf dieser Frist bedürfen der Beitritt oder das Ausscheiden eines Verbandsmitgliedes der Mehrheit von zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenanzahl. Ob und mit welchen anderen Gemeinden sich die Aufgabenträger zu einem Zweckverband zusammenschließen und ob die notwendigen Mehrheiten für Änderungen zustande kommen, obliegt der kommunalen Organisationshoheit. Das ist ein Kernbestandteil der verfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Die Entscheidungen treffen aus gutem Grund die von den Bürgern gewählten Vertreter vor Ort - und nicht die Landesregierung. Also bestehen auch für Strukturveränderungen durch die Kommunalaufsicht des Landes in diesem Zusammenhang keine Rechtsgrundlagen.

Sehr geehrter Herr Finger, lassen Sie mich abschließend noch einfügen: auch wenn wir uns alle preiswertes Wasser wünschen, so müssen wir uns dennoch vor Auge führen, dass die Deckungsgleichheit von Verbands- und Gemeindegebiet nicht notwendig zu einheitlichen Gebühren führt. Denn der einheitliche Aufgabenträger kann theoretisch auch technisch selbstständige Systeme rechtlich als selbstständige Einrichtung behandeln mit der Folge, dass Gebühren für jede Anlage gesondert zu kalkulieren und satzungsrechtlich festzulegen sind.

Mit freundlichen Grüßen