Sehr geehrter Herr Finger,
wenn es um die Tarife für Trinkwasser in Deutschland geht, kennen wir alle die Schlagzeilen "Bürger können sich gegen Abzocke nicht wehren" oder "Willkür bei der Preiskalkulation". Beim Lebensmittel Nr. 1 ist es dann auch verständlich, wenn wir uns über unterschiedliche Wasserpreise ärgern. Warum muss ich mehr zahlen als mein Bekannter, der nur einige Kilometer von mir entfernt wohnt? Gibt es Willkür bei der Preiskalkulation? Und: Hat meine Gemeinde oder Stadt wirklich keine Eingriffsmöglichkeiten?
Zuerst müssen wir uns fragen: Wieso gibt es keine einheitlichen Gebühren der Verbände in Brandenburg? Das kann geologische oder geografische Gründe haben wie die Siedlungsstruktur, die Siedlungsdichte oder aber auch die Wasserverfügbarkeit. Das kann mit Investitionen, aber auch mit der unterschiedlichen Ausnutzung der abgabenrechtlichen Gestaltungsspielräume zusammen hängen wie zum Beispiel einer Beitragserhebung neben den Gebühren. Daraus, sehr geehrter Herr Finger, ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Gebührenkalkulationen der einzelnen Verbände. Und: Die Wasserver- und Entsorgung erfolgt auf der Grundlage des Kostendeckungsprinzips, ist also nicht gewinnorientiert. Für die Kommunalaufsicht des Landes ist deshalb nur relevant, ob ein so genanter Aufgabenträger für seinen Zuständigkeitsbereich die Gebühren rechtmäßig kalkuliert.
Lassen Sie mich noch auf Folgendes hinweisen: Die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung sind Aufgaben der Städte und Gemeinden in Brandenburg. Die meisten Gemeinden haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich mit anderen Gemeinden zusammenzuschließen und einem Zweckverband diese Aufgabe zu übertragen.
Dabei hat der Gesetzgeber durchaus das Problem gesehen, das sich aus Gebietsänderungen der Mitgliedsgemeinden - etwa in Folge der Gemeindegebietsreform - ergeben kann. Das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit enthält daher eine Vorschrift, die einen erleichterten Austritt oder Ausschluss innerhalb von drei Monaten nach der Gebietsänderung ermöglicht. Nach Ablauf dieser Frist bedürfen der Beitritt oder das Ausscheiden eines Verbandsmitgliedes der Mehrheit von zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmenanzahl. Ob und mit welchen anderen Gemeinden sich die Aufgabenträger zu einem Zweckverband zusammenschließen und ob die notwendigen Mehrheiten für Änderungen zustande kommen, obliegt der kommunalen Organisationshoheit. Das ist ein Kernbestandteil der verfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Die Entscheidungen treffen aus gutem Grund die von den Bürgern gewählten Vertreter vor Ort - und nicht die Landesregierung. Also bestehen auch für Strukturveränderungen durch die Kommunalaufsicht des Landes in diesem Zusammenhang keine Rechtsgrundlagen.
Sehr geehrter Herr Finger, lassen Sie mich abschließend noch einfügen: auch wenn wir uns alle preiswertes Wasser wünschen, so müssen wir uns dennoch vor Auge führen, dass die Deckungsgleichheit von Verbands- und Gemeindegebiet nicht notwendig zu einheitlichen Gebühren führt. Denn der einheitliche Aufgabenträger kann theoretisch auch technisch selbstständige Systeme rechtlich als selbstständige Einrichtung behandeln mit der Folge, dass Gebühren für jede Anlage gesondert zu kalkulieren und satzungsrechtlich festzulegen sind.
Mit freundlichen Grüßen
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