Sehr geehrter Herr Grosse,
Sie sprechen ein Thema an, dass zahlreiche Brandenburger umtreibt. Und Sie sprechen sich dagegen aus, so genannte Altanschließer zu Beiträgen für nach 1990 getätigte Investitionen bei Wasseranschlüssen heranzuziehen. Wie Sie sich vorstellen können, handelt es sich um eine schwierige Sach- und Rechtslage. Insofern nehme ich Ihre Frage gern zum Anlass, die auch in der öffentlichen Diskussion vermittelten - zum Teil unzutreffenden - Eindrücke klarzustellen.
Zunächst trifft es nicht zu, dass durch die Landesregierung festgelegt wurde, dass Altanschließer Beiträge zahlen müssen. Diese Frage hat seit längerem Gerichte beschäftigt, sie haben entschieden und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat im Dezember 2007 die frühere Rechtsprechung endgültig bestätigt. Danach sind alle Grundstücke, denen durch eine zentrale öffentliche Trinkwasserver- bzw. Abwasserentsorgungsanlage Vorteile entstanden sind, in die Beitragskalkulation einzubeziehen, unabhängig davon, ob das Grundstück bereits zu DDR-Zeiten angeschlossen war.
Gleichzeitig wird in der Diskussion manchmal der Eindruck vermittelt, dass Altanschließer durch Anschlussbeiträge für bereits zu DDR-Zeiten erbrachte Leistungen bezahlen sollen. Und genau das ist falsch! Auch mit Blick auf diese Debatte wurde durch eine Gesetzesänderung vom Landtag klargestellt, dass Anschlussbeiträge - abgesehen von übernommenen Verbindlichkeiten - nicht für Investitionen aus DDR-Zeiten erhoben werden. Die Beitragsfähigkeit gegebenenfalls übernommener Altschulden ist aber gerechtfertigt, weil es sich dabei um Beträge handelt, die von den Bürgern bis zum Stichtag nicht aufgebracht worden sind.
Bedenken Sie bitte, sehr geehrter Herr Grosse, dass die nach dem 3. Oktober 1990 getätigten Investitionen sowohl den neu als auch den alt angeschlossenen Grundstücken zugute kommen. Deshalb sind diese Flächen auch grundsätzlich bei der Beitragskalkulation zu berücksichtigen. Nach Überzeugung der Fachleute würde anderenfalls gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen, wie er im Artikel 3 formuliert ist. Ich will Ihnen auch sagen warum: Weil die Beitragsfinanzierung bei dieser Konstellation ausschließlich durch Neuanschließer erfolgen würde, während die Altanschließer für den ihnen ebenfalls gebotenen Dauervorteil keine Gegenleistung in Form von Beiträgen zu erbringen hätten.
Deshalb werden Anschlussbeiträge auch für alle Grundstücke erhoben, die einen Vorteil aus den Investitionen ziehen. Wäre dem nicht so, würden Neuanschließer doppelt belastet, weil diese über die kalkulierten Kosten in den Benutzungsgebühren die von Altanschlussnehmern nicht erhobenen Kosten zu tragen hätten. Sie werden mir sicher zustimmen, sehr geehrter Herr Grosse, dass es nicht gerecht wäre, auf Beiträge von Altanschließern zu Lasten neuerschlossener Grundstücke oder der Allgemeinheit der Steuerzahler zu verzichten. Eine solche Verfahrensweise kann daher für die kommunalen Aufgabenträger nicht in Betracht kommen.
Auch mit Ihrer Annahme, dass Altanschließer durch Beitragsforderungen zweimal bezahlen müssen, weil sie bereits fortlaufend zur Finanzierung der Erhaltungs- und Reparaturarbeiten herangezogen werden, liegen Sie nicht richtig. Der Gesetzgeber, hier auch der Landtag, hat nämlich im Kommunalabgabengesetz ausdrücklich geregelt, dass Beiträge nicht für Instandhaltung und Unterhaltung eingesetzt werden.
Sehr geehrter Herr Grosse, ich kann verstehen, dass die Forderung von Kanalanschlussbeiträgen für Grundstücke, deren Erschließung schon so lange zurückliegt, auf Akzeptanzprobleme bei den Betroffenen stößt. Ich hoffe dennoch sehr, dass ich Ihnen ein wenig den Hintergrund des Sachverhalts auseinandersetzen und damit um Verständnis werben konnte.
Mit freundlichen Grüßen
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