Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Jan-Erik Hansen am 01. November 2010
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Landesregierung

Kürzung der Städtebauförderung - Desaster für Brandenburger Stadtentwicklung

Sehr geehrter Herr Platzeck,

Städtebauförderung hilft, den Verfall der Städte zu stoppen und positive Anreize für die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung zu setzen. Doch der Bund will die Mittel drastisch kürzen. Welche Konsequenzen dies hat, zeigt das Politikmagazin „KLARTEXT“ im rbb-Fernsehen (Sendung vom 27.10.2010) an den Beispielen Cottbus und Jüterbog.

Städtebauförderung, das ist weit mehr als ein paar Blumenkübel in eine Fußgängerzone zu stellen oder die Fassaden von alten Häusern zu streichen. Auch Stadtteile mit schwierigen Milieus profitieren von diesen Geldern: Jugendclubs oder soziale Einrichtungen etwa können sich so über Wasser halten. Doch ausgerechnet hier will man sparen. Die Städtebauförderung soll voraussichtlich um rund 50 Prozent gekürzt werden. Das sorgt für lautstarke Proteste. In Berlin gingen viele gegen die Sparmaßnahmen auf die Straße. Sie fürchten nicht nur Einschnitte bei der Gebäudesanierung, sondern vor allem auch bei sozialen Maßnahmen.

Meine Fragen an Sie wären:

1. Wie ist Ihrer Meinung zur Kürzung der Städtebauförderung? Halten Sie diese für gerechtfertigt?

2. Ist die Kürzung der Städtebauförderung Ihrer Meinung ein „Desaster für die Brandenburger Städteentwicklung“, wie es der Beitrag des rbb-Fernsehens meint?

3. Was unternimmt die Landesregierung des Landes Brandenburg um die Folgen einer Kürzung der Städtebauförderung für die Kommunen möglichst gering zu halten?

Viele freundliche Grüße

Jan-Erik Hansen

+69

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Antwort
von Matthias Platzeck am 11. Januar 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Hansen,

ich stimme den Ihren Fragen vorangestellten Feststellungen zu und danke Ihnen, dass Sie dieses wichtige Thema ansprechen. Ja, Sie haben Recht. Mit Hilfe der Mittel aus der Städtebauförderung ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten in Brandenburg viel geschaffen worden. Das Antlitz unserer Kommunen hat sich grundlegend gewandelt. In der DDR dem Verfall preisgegebene Altstadtkerne sind neu aufgeblüht und mit viel Liebe und Engagement auch tausender Bürgerinnen und Bürger gerettet worden. Wichtig ist mir dabei aber, dass nicht nur Fassaden schöner wurden, sondern vor allem ein lebenswertes Umfeld entstand, in dem sich die Menschen wohlfühlen. Stadtumbau bedeutet zudem, die Kommunen den neuen demografischen Gegebenheiten anzupassen, Bausubstanz und Infrastruktur so umzugestalten, dass sie den Anforderungen von heute und morgen gewachsen sind. Insofern, und da stimme ich Ihnen ebenfalls zu, war der Protest der Menschen gegen die Kürzungspläne des Bundes in der Städtebauförderung gerechtfertigt. Auch das Land Brandenburg hat sich bei der Bundesregierung dafür eingesetzt, keinen Kahlschlag zu führen.

Die Proteste hatten zumindest teilweise Erfolg und deshalb ist die Lage heute auch für das Land Brandenburg nicht mehr so dramatisch wie zu dem Zeitpunkt als Sie Ihre Frage stellten. Die für dieses Jahr angekündigten Bundesmittelkürzungen und die damit drohenden Einbußen in der Städtebauförderung wurden vom Bund teilweise zurückgenommen. Die Bundesregierung kürzt die Städtebauförderung im Haushalt 2011 um 150 Millionen auf 455 Millionen Euro und beabsichtigt nun, das Teilprogramm Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen letztmalig in diesem Jahr aufzulegen. Ich sage aber auch: Die Kürzung geht weit überwiegend zu Lasten des Programms Soziale Stadt, das von 95 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 28,5 Millionen Euro zusammengestrichen wird. Zugleich wurde das Programm auf überwiegend investive Aufgaben beschränkt.

Das Programm Soziale Stadt hat in den letzten zehn Jahren erheblich dazu beigetragen, die Abwärtsspirale problematischer Stadtquartiere in Brandenburg zu stoppen und positive Entwicklungen anzustoßen. Zur Wahrheit gehört, dass die Kürzung des Programms Soziale Stadt und seine Beschränkung auf Baumaßnahmen das Aus für das Bund-Länder-Programm bedeutet. Es hat in Brandenburg erfolgreich bauliche mit sozial-integrativen Maßnahmen verknüpft. Wertvolle Integrationsprojekte können dadurch gefährdet werden. Eine Investition allein in Beton reicht nicht aus.

Mir ist zwar bewusst, sehr geehrter Herr Hansen, dass der Konsolidierungsbedarf in Bund und Ländern zusammen mit den rückläufigen Solidarpakt- und EU-Mitteln dazu führt, dass auch anerkannt erfolgreiche Programme wie die Städtebauförderung auf den Prüfstand müssen. Aber eine derart radikale Kürzung des Programms „Soziale Stadt“ war und ist das falsche politische Signal der Bundesregierung und des Bundestages!

Mit freundlichen Grüßen