Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Matthias Köhler am 15. November 2010
8343 Leser · 61 Stimmen (-2 / +59) · 0 Kommentare

Landtag

Streit um die Uferwege - Verfassungsaenderung

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Als Berliner verfolge ich den Streit um den Zugang zu den Uferwegen am Griebnitzsee nur am Rande. Warum wird dieses Problem nicht einfach dadurch gelöst, dass in die Verfassung des Landes Brandenburg ein Artikel aufgenommen wird, der sich am Artikel 141 (3) der Bayerischen Verfassung orientiert? Es stünde doch dem Land Brandenburg gut zu Gesicht, wenn auch in Ihrer Landesverfassung den Bürgerinnen und Bürgern ein freier Zugang zu allen Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen Naturschönheiten garantiert wird. Mal abgesehen davon, dass es in Brandenburg nicht so viele Berge gibt. Ich bin wirklich kein Sozialist, aber in diesem Fall denke ich, dass Gemeinnutz vor Eigennutz gehen sollte.

Viele Grüße aus Berlin!

Matthias Köhler

+57

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Antwort
von Matthias Platzeck am 28. Januar 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Köhler,

vielen Dank für Ihren Diskussionsbeitrag und Ihre Anregung auf meinem Portal. Das Thema „Zugang zu den Seen“ beschäftigt sehr viele Menschen, insbesondere natürlich in Potsdam. Sehr viel Post erreichte mich dazu in den vergangenen Wochen und fast immer geht es dabei vereinfacht gesagt um die schon sprichwörtliche Feststellung unseres Grundgesetzes ´Eigentum verpflichtet´. Erst kürzlich hatte der Konflikt am Griebnitzsee einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht: An zwei weiteren Stellen wurde der Uferstreifen verbarrikadiert. Damit ist auch das letzte bisher frei begehbare Stück des Weges blockiert.

Aber nun zu Ihrer Anregung. Dazu kann ich Ihnen zunächst sagen, dass der Wortlaut in unserer Brandenburger Verfassung in diesem Punkt der von Ihnen zitierten bayerischen durchaus ähnelt. Es heißt in Artikel 40 Absatz 3: „Land, Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Allgemeinheit den Zugang zur Natur, insbesondere zu Bergen, Wäldern, Seen und Flüssen, unter Beachtung der Grundsätze für den Schutz der natürlichen Umwelt freizuhalten und gegebenenfalls zu eröffnen.“ Das ist - wie in Bayern - eine Staatszielbestimmung und kein Grundrecht. Deshalb ergibt sich aus diesem Passus auch kein Anspruch für jedermann, was die Sache – Sie merken es bereits – doch etwas komplizierter macht.

Nun hat der Landesgesetzgeber in Brandenburg mit dem Naturschutzgesetz ein so genanntes allgemeines Betretungsrecht in der freien Landschaft vorgesehen. Genau heißt es: "In der freien Landschaft darf jedermann private Wege und Pfade, Feldraine Heide-, Öd- und Brachflächen außerhalb der Nutzzeit … zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr betreten, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben." Damit hat der Gesetzgeber genau das getan, was ihm die Verfassung aufgibt. Allerdings gilt die gerade zitierte gesetzliche Vorschrift nicht in den im Zusammenhang bebauten Ortslagen - wie auf der Potsdamer Seite am Griebnitzsee.

Dem Landesgesetzgeber ist es aber unbenommen, diese Regelung zur Umsetzung der Staatszielbestimmung zu verändern. Derzeit erarbeitet die Landesregierung einen Vorschlag für eine Novelle dieses Gesetzes. Eine Überlegung ist, eine auf der Sozialbindung des Eigentums beruhende Pflicht des Grundeigentümers vorzusehen, einen Durchgang für die Allgemeinheit offen zu halten. Daneben könnte eine entsprechende Satzungsermächtigung für die Kommunen eingeführt werden, die dann auch in besiedelten und siedlungsnahen Bereichen gelten könnte. Damit würde ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und der Linken in Brandenburg umgesetzt werden. Ich werde mich in diesem Sinne einsetzen.

Ich bin übrigens sehr erleichtert, dass - den jüngsten Berichten zufolge - offenbar der Bundesfinanzminister im Streit um den Uferweg nach sehr gründlicher Prüfung und Abwägung das Allgemeinwohl über den höchstmöglichen Verkaufserlös gestellt hat. Das ist ein positives Signal nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern für alle Menschen, denen der ungehinderte Zugang zu den Naturschönheiten am Herzen liegt. Auch ich hatte mich im vergangenen Jahr mit der Bitte an Wolfgang Schäuble gewandt, in diesem Sinne zu entscheiden. Ich vertraue nun darauf, dass sich der Haushaltsausschuss des Bundestages der Empfehlung des Bundesfinanzministers anschließt. Alle am Uferwegstreit Beteiligten sollten dieses Signal aufgreifen und wieder miteinander ins Gespräch kommen.

Mit freundlichen Grüßen