Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Dieter Schulze am 27. Januar 2011
11106 Leser · 83 Stimmen (-4 / +79) · 0 Kommentare

Landesregierung

Oderbrücke bei Aurith

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Ihr Infrastrukturminister, Herr Jörg Vogelsänger, setzt sich für den Bau einer Oderbrücke bei Aurith, die 21,8 Mill. € kosten soll, ein. Ich bitte Sie, dem Herrn Vogelsänger, die weitere Vorbereitung und Durchführung dieses Vorhabens zu untersagen und alle weiteren Aktivitäten einzustellen.

Die Brücke ist nicht notwendig, weder in Aurith noch in Eisenhüttenstadt. Für den Industriestandort Eisenhüttenstadt
können die Grenzübergänge nach Polen in Frankfurt (Oder), Autobahn und Groß Gastrose bei Guben genutzt werden. Unter den jetzigen Bedingungen ergeben sich folgende Entfernungen und Fahrzeiten:

- Eisenhüttenstadt-Frankfurt(Oder), Grenzübergang Autobahn
Entfernung 29,8 km, Fahrzeit 39 Minuten
- Eisenhüttenstadt-Groß Gastrose, Grenzübergang
Entfernung 33,1 km, Fahrzeit 36 Minuten

Der Eisenbahnübergang nach Polen in Frankfurt (Oder) wurde mit viel Geld zweispurig ausgebaut, hat damit eine höhere Durchlassfähigkeit und kann ebenfalls für große Tranporte von Eisenhüttenstadt genutzt werden.

Für den Strassenverkehr ist es viel wichtiger, dass die Oder-Lausitz-Trasse auf dem Anschnitt Neuzelle-Brieskow-Finkenheerd fertiggestellt wird. Dann sind die o.g. Grenzübergänge nach Polen noch besser und schneller zu erreichen.

Gegen die Brücke in Aurith sind der Amtsausschuß und Amtsdirektor aus Brieskow-Finkenheerd, die Eisenhüttenstädter Bürgemeisterin und die Bürger der Ziltendorfer Niederung.

Darauf hinweisen möchte ich noch, dass ich keine Aussage über die Finanzierung des Strassenbaus von der Oder-Lausitz-Trasse bis nach Aurith gefunden habe.

Die Bürger der Ziltendorfer Niederung würden es sicher sehr begrüßen, wenn Sie sich in diesem Falle durchsetzten und die geplanten 21,8 Mill. € für sinnvolle Strassenbaumaßnahmen eingesetzt werden.

Zur Information über die Stimmungslage können Sie sich in der Märkischen Oderzeitung vom 8./9. 01.2011, 11.11.2011 und 25.01.2011 informieren.

Über eine kurze Information Ihrer Entscheidung, auch per E-Mail, würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Dieter Schulze

+75

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Antwort
von Matthias Platzeck am 31. März 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Schulze,

vielen Dank für Ihren Eintrag. Das Thema ist von großem Interesse und hat auf meinem Portal bis heute über 1000 Leser. Sicher nicht zuletzt auch mit Blick auf den Wegfall der letzten Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit zum 1. Mai 2011.

Wenn Sie heute entlang der Oder fahren, werden Sie feststellen, dass die grenzüberschreitende Infrastruktur auch 20 Jahre nach dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag noch erheblichen Nachholbedarf hat. Kurze Wege über die Oder sind dabei nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung der Grenzregion von Bedeutung, sondern ermöglichen auch den unmittelbareren Kontakt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten der Grenze. Zahlreiche praktische Beispiele zeigen: Viele Menschen wollen, dass die Oder nicht trennt, sondern verbindet. Diesen Eindruck kann ich immer wieder bei meinen Besuchen in der Grenzregion gewinnen.

So habe ich auch die Worte ihres Bürgermeisters Rainer Vierling in der Märkischen Oderzeitung verstanden: „Wir sind nicht vehement gegen eine Brücke, sondern allgemein gegen den vielen Verkehr in unserer Gegend, weil dabei viel Natur kaputt gehen würde.“ Die Untersuchung dessen war ein Bestandteil der landesplanerischen Beurteilung, die am 30. Dezember vergangenen Jahres vorgelegt wurde.

Bei dem Projekt soll die Bundesstraße 112 auf deutscher Seite mit der Nationalstraße 29 in Polen verknüpft werden. Insgesamt wurden vier Varianten für eine Trassenführung einer – und jetzt bitte ich um Verständnis für die bürokratisch scheinenden Bezeichnungen - grenzüberschreitenden Raumverträglichkeitsprüfung, einer raumordnerischen Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einer raumordnerischen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterzogen.

Im Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wird nun festgestellt, dass die Variante 2 mit der Oderquerung bei Aurith wegen der Bündelung mit vorhandenen Straßen, der geringsten Belastung von Natur-Freiräumen, der niedrigsten Inanspruchnahme von Natura-2000-Gebieten und des geringsten Flächenbedarfs mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht. Und: Diese Variante wird auch von der polnischen Seite favorisiert.

Die landesplanerische Beurteilung hat gegenüber dem Träger des Vorhabens und gegenüber Einzelnen keine unmittelbare Rechtswirkung und ersetzt nicht die Genehmigungen, Planfeststellungen oder sonstigen Entscheidungen nach anderen Rechtsvorschriften.

Die konkrete Projektplanung erfordert weitere Abstimmungen. Das Baurecht auf deutscher Seite wird durch ein späteres Planfeststellungsverfahren hergestellt, in dem das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens zu berücksichtigen ist und in dem die Öffentlichkeit erneut Gelegenheit zur Stellungnahme hat.

Insofern haben Sie nach wie vor die Möglichkeit, sich in die Planungen einzubringen. Fakt ist aber auch: Egal wo letztendlich eine neue Verkehrsanbindung entstehen wird, es wird immer Argumente pro und contra und damit Befürworter und Gegner für ein solches Projekt geben. Genau wie im Energiebereich stehen auch beim Straßen- und Brückenbau oftmals übergreifende Interessen der Allgemeinheit gegen subjektives Empfinden einzelner Bürgerinnen und Bürger. Alle wollen, dass wir preiswert und sicher Energie beziehen, aber ein Kraftwerk, ein Windrad oder ein Erdgaslager in der eigenen Gemeinde viele Menschen nicht hinnehmen. Und viele wollen schnelle und sichere Verbindungen zu unseren polnischen Nachbarn, aber die Belastungen durch dazu nötige Straßenverbindungen will kaum einer tragen. Aufgabe von Politik ist es, die geeigneten Varianten auszuloten und Kompromisse zu finden. Ich bin sicher, dass der zuständige Minister diese Aufgabe verantwortungsvoll ausfüllt.

P.S. Raumordnungsverfahren für deutsch-polnische Straßenverbindung im Raum Frankfurt (Oder)/Słubice - Eisenhüttenstadt/Kłopot abgeschlossen: http://gl.berlin-brandenburg.de/vollzug/rov/deutsch-polni...

Mit freundlichen Grüßen