Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Stefan Müller am 17. Mai 2011
13384 Leser · 92 Stimmen (-7 / +85) · 5 Kommentare

Umwelt

Windräder um jeden Preis

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die Stimmen gegen die Aufstellung von Windrädern in den Waldgebieten um Fichtenwalde nehmen immer mehr zu, da dass Verständnis dafür, das Wald gerodet wird um Windräder in der Nähe von Wohnorten aufzustellen, bei vielen Bürgern nicht vorhanden ist. Speziell im Fall Fichtenwalde wird zudem die natürliche Lärmbarriere Wald vernichtet, welche die Einwohner vor dem zunehmenden Lärm durch die A9/A10 schützt.
Wie mir auf Anfrage mitgeteilt wurde, gibt es Vorgaben des Landes und des Landkreises Potsdam-Mittelmark und man versucht von oben mit allen Mittel die Aufstellung von Windrädern zu forcieren. Dabei scheint mir der politische Wille vorrang vor der Vernunft zu haben. Ich würde gerne den Stand des Verfahrens speziel im Fall Beelitz aus erster Hand erfahren, die weiteren Verfahrensschritte seitens des Landes/Landkreises sowie meine Möglichkeiten als Bürger auf die unmittelbar mich betreffenden Entscheidungen Einfluss zu nehmen.
Ich bin nicht gewillt, die aus meiner Sicht politisch motivierten und willkürlichen Entscheidungen politisch Verantwortlicher teilnahmslos hinzunehmen.
Gerne höre ich von Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Müller

+78

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Antwort
von Matthias Platzeck am 03. August 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie sprechen ein hochaktuelles Thema an. Die Ereignisse in Fukushima haben in Deutschland endlich zu einer energiepolitischen Wende geführt. So wird binnen eines Jahrzehnts der komplette Ausstieg aus der Kernenergie vollzogen sein. Brandenburg hat sich von Anfang an politisch für diesen Ausstieg eingesetzt. Aus meiner Sicht müssen nun auch im konkreten Handeln die Perspektiven einer bezahlbaren, klimafreundlichen und zukunftssicheren Energieversorgung in den Blickpunkt rücken. Das heißt: Wer A sagt muss auch B sagen: Und so stellt sich die Frage, wie wir es einerseits ermöglichen, die Energieversorgung und damit den Lebensstandard zu sichern und andererseits dabei die Umwelt schonen und das Klima schützen.

Neben einer deutlich klimafreundlicheren Nutzung der Braunkohle als Brückentechnologie liegt der Schwerpunkt unserer künftigen Energieversorgung bei den Erneuerbaren Energien. Hier sind wir in den vergangenen Jahren sehr gut vorangekommen. Nicht ohne Grund konnten wir den Leitstern´ als bestes Bundesland im Bereich der Erneuerbaren Energien verteidigen.

Richtig ist: Die Mehrheit der Deutschen ist für die Energiewende. Dennoch entstehen Konflikte, wenn Projekte gewissermaßen vor der eigenen Haustür realisiert werden sollen. Sie, sehr geehrter Herr Müller, schildern in Ihrem Beitrag einen solchen Fall. Allerdings gehen Sie in Ihrer Fragestellung davon aus, dass sich das Land zur Durchsetzung der klimapolitischen Ziele über die Planungshoheit der Stadt Beelitz und die Belange der Bevölkerung hinweg setzt, um die Errichtung von Windkraftanlagen voranzutreiben. Ich kann Ihnen versichern, dass dem nicht so ist! Eine solche Vorgehensweise wäre weder rechtlich zulässig noch im Interesse des Landes. Ein solches Vorgehen würde letztlich dazu beitragen, dass die Akzeptanz für unsere Energiestrategie verloren ginge.

Lassen Sie mich Ihnen deshalb kurz die Situation schildern: Der Stadt Beelitz steht nach dem Grundgesetz und der Verfassung unseres Landes die Planungshoheit zu, in die die Landesregierung nicht eingreifen darf. Nach den mir vorliegenden Informationen bestehen derzeit keine überörtlichen Planungsvorgaben für die Stadt Beelitz. Wenn die Stadt nicht selbst planerisch aktiv wird, können nach geltender Rechtslage an jeder Stelle im Außenbereich des Gemeindegebietes unter Einhaltung der Vorschriften zum Lärmschutz und sonstigem Nachbarschutz jederzeit Windkraftanlagen errichtet werden. Gemäß Bundesrecht sind diese überall im Außenbereich privilegiert. Auch der Wald ist somit keine Tabufläche, in dem die Errichtung grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Würden also heute Genehmigungen beantragt, hätte die zuständige Behörde keine Rechtsgrundlage, um eine Genehmigung zu versagen.

Um die Steuerung der Entwicklung in der Kommune selbst vorzunehmen, hat sich die Stadt entschlossen, einen Flächennutzungsplan aufzustellen. In diesem Plan sollen Gebiete ausgewiesen werden, in denen zukünftig der Bau von Windkraftanlagen zulässig sein soll. In allen übrigen Gebieten kann damit die Errichtung von Windkraftanlagen ausgeschlossen werden.

Es ist die Aufgabe der Stadt Beelitz, die Einwohner im Vorfeld ihrer derzeitigen Aktivitäten zur Verhinderung einer ungesteuerten flächendeckenden Errichtung von Windkraftanlagen innerhalb des Gemeindegebietes ausreichend zu informieren. Diese Planungshoheit nutzt die Stadt derzeit, um im Interesse ihrer Einwohnerinnen und Einwohner eine geordnete Entwicklung der Windenergie zu sichern.

Sie, sehr geehrter Herr Müller, können die Gemeinde dabei unterstützen, in dem Sie Ihre Belange bei der Stadtverwaltung oder den Stadtverordneten vortragen und sich an den Diskussionen zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes beteiligen. Nur so können die Interessen der Bürgerinnen und Bürger bei der Abwägung berücksichtigt werden. Und eine von möglichst allen akzeptierte, kluge Abwägung ist Voraussetzung für die Akzeptanz regenerativer Energieerzeugung vor Ort. Die brauchen wir, wenn uns in Deutschland die Energiewende gelingen will.

Mit freundlichen Grüßen


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