Sehr geehrter Herr Rengert, Ihrer Frage entnehme ich, dass Sie sich - wie viele andere Menschen auch - Sorgen um unsere Umwelt und den Klimaschutz machen. Die Weltgemeinschaft will erreichen, dass die Erderwärmung zwei Grad nicht übersteigt. Um dieses Ziel zu sichern, müssen vor allem die großen Industriestaaten – also auch Deutschland - eine Vorreiterrolle übernehmen.
Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie, den ich sehr unterstütze, muss Deutschland nicht nur um die Einhaltung der Klimaschutzziele ringen, sondern gleichzeitig auch die Energieversorgung unseres Hochindustrielandes sichern. Es besteht weitgehend Konsens darin, dass dies langfristig über die Erneuerbaren Energien gelingen muss. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Erneuerbaren in den nächsten Jahrzehnten noch nicht die vollständige Energieversorgung in Deutschland sichern werden, auch wenn wir beispielsweise hier in Brandenburg dabei schon auf einem guten Weg sind. Es fehlen vor allem noch die notwendigen Speichertechnologien, um den Strom aus den Erneuerbaren jederzeit zur Verfügung zu haben.
Aus all dem folgt, dass wir noch für einen längeren Zeitraum Strom aus fossilen Energieträgern als "Brücke" zu den Erneuerbaren benötigen. Ich spreche hier von zu importierendem Gas und natürlich auch von der Braunkohle, die als einziger einheimischer Rohstoff in genügenden Mengen zur Verfügung steht. Zugleich haben wir auch immer gesagt, dass es eine weitere Verstromung unserer Braunkohle nur bei Einhaltung der in unserer Energiestrategie vorgesehenen deutlichen Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes geben wird. Eine Möglichkeit ist die so genannte CCS-Technologie, also die Abscheidung und Speicherung sowie – und das möchte ich besonders betonen - die Verwertung des CO2. Weltweit gibt es zur CO2-Abscheidung und -Speicherung bereits zahlreiche Projekte, wie in der Norwegischen Nordsee, wo in salinen Gesteinsformationen tief unter dem Meeresboden seit 1996 Kohlendioxid gespeichert wird.
Doch nun zu Ihren sehr konkreten Sorgen. Ich habe Verständnis dafür. Deshalb haben wir in unserem Koalitionsvertrag festgelegt, dass bei einer Speicherung des CO2 die Sicherheit der Menschen - und das gilt auch für künftige Generationen - höchste Priorität hat. Die Menschen und ihr Eigentum sowie die natürlichen Lebensgrundlagen von Tieren und Pflanzen dürfen nicht beeinträchtigt werden. Deshalb, sehr geehrter Herr Rengert, ist uns die Erforschung der Speichertechnologie vor dem Hintergrund der höchsten Sicherheit von Mensch und Umwelt ein besonderes Anliegen.
Zugleich sage ich aber auch ganz klar: Wir werden die Speicherung nicht weiter erproben, wenn die eigentlichen Speicherländer in Deutschland auf Basis eines CCS-Gesetzes aussteigen können. Aus diesem Grund hat das Land Brandenburg im Bundesrat auch den CCS-Gesetzentwurf der Bundesregierung abgelehnt. Ich bleibe dabei: CCS muss als sichere und zukunftsfähige Technologie für ganz Deutschland anerkannt werden, oder sie findet vorerst nirgendwo statt.
Aber, sehr geehrter Herr Rengert, durch das Agieren der Bundesregierung sehe ich die Gefahr, dass mittelfristig der Status Deutschlands als Industrieland gefährdet ist. Nach meiner festen Überzeugung geht es hier um die Quelle unseres Wohlstands. Kohlendioxid abzuspalten und es nicht in die Umwelt abzugeben, wird in all den Industrien Einzug halten, die besonders CO2-intensiv sind. Wir laufen also Gefahr, Arbeitsplätze beispielsweise in der Stahlindustrie ins Ausland zu verlieren, weil dort Technologien einer Kohlendioxid-armen Produktion schneller verfügbar sind und so die künftig steigenden Kosten für Emissions-Zertifikate geringer ausfallen.
Deswegen bin ich mit auch Ihnen einer Meinung, in Technologien zur Vermeidung und zur Verwertung von CO2 zu investieren. Und aus diesem Grund unterstützt die Landesregierung das Energieunternehmen Vattenfall bei Planungen zum Bau eines neuen, CO2-armen Kraftwerkes, welches gleichzeitig einen hohen Wirkungsgrad haben wird.
Für die Landesregierung Brandenburg bleibt es dabei: Wir wollen mithelfen, die nationalen und globalen Klimaschutzziele zu erreichen, im Interesse der Menschen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Platzeck
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am 31. Juli 2011
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