Sehr geehrter Herr Schilling,
vielen Dank für ihren sehr emotionalen Eintrag auf meinem Portal. Als Vater dreier Kinder kann ich nachvollziehen, wie wichtig es ist, den Nachwuchs gut aufgehoben und liebevoll betreut zu wissen. Nicht selten sind aufgrund der Berufstätigkeit der Eltern auch lange Betreuungszeiten notwendig. Insofern sehe auch ich die Tagespflege als alternative Betreuungsform zur Kindertageseinrichtung und als festen Bestandteil im Alltag vieler Familien. Sie hat sich aus Elternsicht etabliert. Weit über 1000 Tagesmütter betreuen in Brandenburg fast 5000 Kinder. Ich gehe davon aus, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Vor diesem Hintergrund hat Ihre Frage nach der Stellung der Tagesmütter im System der Kinderbetreuung und ihrer angemessenen Entlohnung auch jenseits Ihrer persönlichen Betroffenheit eine gesellschaftliche Dimension.
Tagespflege hat sich aus einer ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfe entwickelt. Erst seit wenigen Jahren finanziert die öffentliche Jugendhilfe überhaupt dieses Angebot. Zuvor war es den privaten Absprachen zwischen Eltern und Tagespflegern überlassen. Tatsächlich gibt es heute in der Tagespflege – so haben mir Experten berichtet - erkennbare „Professionalisierungstendenzen“. Das heißt: Es gibt Qualifizierungsangebote und es gibt Sozial- und Unfallversicherungen für die Tagespflegepersonen. Das alles verändert diese Tätigkeit von der zuweilen honorierten, in der Regel aber ehrenamtlichen Kinderbetreuung zu einer Art freiberuflichen Tätigkeit. Deshalb wird es immer wichtiger, über die Anerkennung der Erziehungsleistung und die Aufwandsentschädigung nachzudenken. Einige Jugendämter sind hier bereits deutlich aktiv geworden und haben die Vergütung der Qualifikation der Tagespflegepersonen und der Dauer der Betreuung angepasst.
Sie haben es bereits angedeutet, dass für die vertragliche Vergütung der Leistungen selbständig arbeitender Tagespflegerinnen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig sind. Die kommunale Ebene und nicht das Land ist für die Kindertagesbetreuung zuständig. Deshalb auch variiert die Vergütung in den Landkreisen, zudem hängt sie auch von den verschiedenen Einkommenssituationen im Land, vom sehr unterschiedlichen Platzbedarf in den Regionen und dem sehr speziellen Tagespflegebedarf ab. Ich möchte Ihnen deshalb empfehlen, sich mit dem örtlichen Jugendamt in Verbindung zu setzen und in einem Gespräch zu klären, ob Sie bereits alle Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen. Denn neben einem Entgelt für den Betreuungsaufwand stehen Ihnen finanzielle Mittel für die Erstattung des Sachaufwandes zu. Zusätzlich können Tagespflegerinnen einen Zuschuss zur Altersvorsorge beziehungsweise die Hälfte der Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung beantragen, sofern sie Ausgaben dafür nachweisen können. Außerdem werden die Hälfte der Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung erstattet. Ich weiß, das klingt kompliziert. Aber Ihre Lebensgefährtin ist vom Status her nun einmal selbständig und muss sich deshalb auch um all diese Fragen selbst kümmern.
Lassen Sie mich noch einen sehr persönlichen Gedanken anfügen. Ich vermute, Sie haben von Zeit zu Zeit überlegt, ob sich Ihre Frau mit 37 Jahren Berufserfahrung nicht bei einer Kindertagesstätte in ihrer Region bewerben sollte. Ich könnte mir vorstellen, dass sie bei den geschilderten Fähigkeiten und ihrem Engagement eine wertvolle Stütze in einem Kita-Team sein könnte. Sicher haben Sie Gründe für Ihre gemeinsame Entscheidung anders zu verfahren, aber ich wollte die Überlegung nicht zurückstellen, gerade weil sie auch anderen Lesern meines Portals ein Signal des sich abzeichnenden Fachkräftemangels gibt.
Sehr geehrter Herr Schilling,
seien Sie versichert, der Tätigkeit Ihrer Lebenspartnerin zolle ich allerhöchste Anerkennung. Wie aufopferungsvoll und mit welcher Hingabe Tagesmütter und Erzieherinnen unsere Kinder betreuen, ist beispielhaft für viele andere Berufsgruppen.
Mit freundlichen Grüßen
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am 01. August 2011
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