Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor jo da am 02. September 2011
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Bildung

Kürzungen bei Schulen und Kitas

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Frau Münch verteidigte gestern die Kürzungen im Bildungsbereich.

Wie konnten Sie planen, dass im Bildungsbereich gekürzt wird?

Bildungsbereich - das sind Hochschulen und Sekundarschulen, Grundschulen und Kitas, die mit sinkenden Jahrgangszahlen kämpften und kämpfen.

Reichen nicht die Einsparungen, die allein schon durch die sinkenden Kinderzahlen und dadurch seit Jahren weniger notwendige Personal- und Sachkosten entstehen? Jeder „Ersatz“ älterer durch jüngere KollegInnen spart darüber hinaus noch einmal Personalmittel - durch niedrigere Lebensalterstufen UND die TVÖD-Einstiegsabsenkung.

Sollte nicht - wie in zurückliegenden Jahren im Schulbereich - die Senkung der Kinderzahlen zur weiteren intensiven Personalschlüsselverbesserung im Kleinkinderbereich genutzt werden?
Sollte nicht die Finanzierung freier Schulen mit der öffentlicher Schulen gleichgestellt werden – so dass Eltern nur einen Eigenanteil für Lehrmittel zahlen statt Schulgeld zur Entlastung des Landes?

Freie Schulen und Kitas in freier Trägerschaft – das ist Zielbestimmung und Engagement von tausenden Landesbürgern in Vereinen und Kirchen, bei AWO, DRK, Caritas, Diakonie, Parität und ZWSt. Engagierte Bürger ersparen dem Land jetzt bereits hohe Ausgaben. Das darf nicht entwertet werden oder mit Füßen getreten – wie durch die faktische Aufforderung, Lehrer schlechter zu bezahlen.

Sollen wirklich in Kitas und Schulen schlechterverdienende Eltern durch Preiserhöhungen ausgeschlossen werden?

Bitte investieren Sie in junge Menschen, in Bürgerverantwortung und Unternehmungswillen – stützen Sie viel intensiver als bisher in den Altersbereichen, die die Wissenschaft als entscheidend erkannt hat:
– Im Kleinkindalter für Bindungsgewissheit und Sprachentwicklung
– Im Vorschulalter für die kognitiven und sozialen Schulvorläuferfähigkeiten, für Leistungsverhalten und Motivation
– Im Grundschulalter als Basis für weiterführendes Lernen, für Arbeitstechniken, Lernmotivation, Einmal-Eins und Verstehendes Lesen. Etc.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Damus

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Antwort
von Matthias Platzeck am 20. Oktober 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Damus,

der Appell am Ende Ihres Schreibens steht nicht im Widerspruch, sondern unterstreicht das Anliegen der Landesregierung: Bildung hat nach wie vor Priorität in Brandenburg! Trotz der beabsichtigten Kürzungen im kommenden Jahr.

Dass der Bildungsbereich erstmals seit Jahren an den landesweiten Einsparungen beteiligt wird, hat Gründe. Brandenburg hat gerade als Bundesland, das vom Solidarpakt profitiert, die Verpflichtung, verantwortungsvoll mit seinen Finanzen umzugehen – gerade im Interesse der Kinder, die in einem Land aufwachsen und arbeiten sollen, das noch Gestaltungsspielräume hat. Insbesondere vor dem Hintergrund deutlich sinkender Einnahmen in den nächsten Jahren gilt es deshalb, das Land zukunftssicher zu machen. Was bedeutet dies? Wir müssen alle Strukturen kritisch unter die Lupe nehmen und das tut die Landesregierung sehr verantwortungsvoll. Dazu gehören die Neustrukturierung der Polizei oder die derzeit laufende Evaluation der staatlichen Schulämter – und dazu gehört auch die Überprüfung der bisherigen Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft. Unser Ziel sind effektive und bezahlbare Strukturen.

Ich bin mit Ihnen einer Meinung: Schulen in freier Trägerschaft bereichern unsere Bildungslandschaft und sorgen für Vielfalt, neue Ideen und Impulse. Brandenburg hat in den 1990er Jahren attraktive Rahmenbedingungen geschaffen, um die Gründung von Schulen in freier Trägerschaft zu befördern. Mit Erfolg: Inzwischen besuchen rund acht Prozent der Schülerinnen und Schüler eine Schule in freier Trägerschaft, Tendenz steigend. Damit liegen wir bereits jetzt über dem Bundesdurchschnitt.

Auf der anderen Seite hat der drastische Rückgang der Schülerzahlen in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl kleiner öffentlicher Schulstandorte im Land geführt, die hohe Personalkosten aufweisen. Vom derzeitigen Finanzierungsschlüssel profitieren die freien Träger, obwohl sie – anders als die öffentlichen Schulträger – keinen Versorgungsauftrag erfüllen müssen.

Die derzeitige Finanzierungsstruktur der Schulen in freier Trägerschaft hat zudem einen Mangel an Planbarkeit und Transparenz für die Träger und für das Land, denn die Höhe der Finanzierung hängt jedes Jahr von der tatsächlichen Ausstattung der öffentlichen Schulen ab. Diese Ausstattung unterliegt teilweise starken Schwankungen.

Deshalb, sehr geehrter Herr Damus , wollen wir die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft auf eine neue, ausgewogene Grundlage stellen. Zukünftig werden die Zuschüsse für diese Schulen je Schüler auf der Basis der Richtfrequenzen bestimmt, die für die öffentlichen Schulen bestehen – wie die Zahl der Unterrichtsstunden je Klasse und Bildungsgang, die Zahl der Unterrichtsstunden je Lehrkraft und Bildungsgang und die Zahl der Schülerinnen und Schüler je Klasse und Bildungsgang. Diese neue Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft wird stufenweise zu Einsparungen führen, beginnend mit dem Schuljahr 2012/13. Die Entscheidung liegt nun beim Parlament – die Abgeordneten des Landtags werden bis zum Jahresende darüber entscheiden.

Eines sollten Sie jedoch bedenken. Auch nach den geplanten Änderungen wird Brandenburg die Privatschulen besser finanzieren als manch anderes Bundesland. Das Grundrecht der Privatschulfreiheit ist damit nicht nur nicht gefährdet – wir werden auch künftig eine lebendige Schullandschaft mit öffentlichen und freien Schulen haben.

Was mir besonders wichtig ist: Trotz notwendiger Konsolidierung auch im Bildungsbereich werden wir die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen nicht reduzieren. Wir haben uns 2009 im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass wir eine Lehrer-Schüler-Relation von 1 zu 15,4 garantieren wollen. Aus diesem Grund werden wir bis zum Schuljahr 2014/15 auch 2.000 Nachwuchslehrkräfte einstellen. Ich finde, das zeigt sehr deutlich, dass Bildung nach wie vor Priorität im Land hat.

Das gilt im Übrigen auch für die Frühförderung. Im vergangenen Jahr haben wir die Weichen gestellt, dass mehr Personal an unseren Kitas arbeiten kann. Wir haben den Personalschlüssel für die Drei- bis Sechsjährigen von einer Erzieherin für 13 Kinder auf 1 zu 12 verbessert. Für die Unter-Dreijährigen haben wir den Personalschlüssel von 1 zu 7 auf 1 zu 6 erhöht. Dafür stellt das Land – trotz Spardrucks – jedes Jahr zusätzlich 36 Millionen Euro zur Verfügung. Zusätzlich geben wir seit 2009 jährlich mehrere Millionen Euro für ein Sprachförderprogramm an Kitas aus.

Aus all dem, sehr geehrter Damus, können Sie ersehen: Für Bildung steht auch in den kommenden Jahren viel Geld bereit. Bildung hat nach wie vor Priorität. Zugleich habe ich versucht deutlich zu machen, warum die Konsolidierung unseres Landeshaushaltes und der Abbau des Schuldenberges eine ebenso große Bedeutung im Regierungshandeln verdient. Beides sind wir unseren Kindern schuldig.

Mit freundlichen Grüßen


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