Sehr geehrte Frau Heinze, sehr geehrte Herr Heinze,
als Ministerpräsident bin ich eigentlich nicht der richtige Adressat für Ihre Kritik, denn die Höhe der Abgeordneten-Diäten wird ausschließlich vom Parlament selbst - ohne Mitwirkung der Landesregierung - festgelegt und zwar in Form eines Gesetzes. Trotzdem will ich mich – auch als Landtagsabgeordneter – gern zu Ihren Gedanken äußern, weil Sie ein Thema aufgreifen, das landesweit in zum Teil sehr emotionaler Art und Weise immer wieder diskutiert wird. Außerdem gibt mir die Antwort auf Ihren Beitrag die Möglichkeit, für alle Leserinnen und Leser des Portals direktzu/Platzeck etwas ausführlicher auf die anspruchs- und verantwortungsvolle Arbeit der Abgeordneten einzugehen.
Denn ich bitte Sie zu bedenken: Der Abgeordnete ist von den Bürgerinnen und Bürgern frei gewählt. Er sollte sein Amt frei von wirtschaftlichen Zwängen ausüben können, damit er seiner hohen Verantwortung als Volksvertreter in unserem Staatswesen nachkommen kann. Deshalb muss nach meiner festen Überzeugung auch die Entschädigung so bemessen sein, dass sie der Bedeutung des Amtes entspricht. Die Arbeit eines Abgeordneten besteht eben nicht nur darin, zweimal im Monat an jeweils zwei Tagen den Plenarsitzungen des Landtags zu folgen und sich dort einzubringen. Vielmehr besteht ein wesentlicher Teil der Arbeit darin, über lange Zeiträume wichtige Gesetzgebungsprozesse in den Ausschüssen zu begleiten und zu gestalten, immer wieder nach den besten Lösungen im Interesse der Menschen unseres Landes zu suchen. Dazu werden Anhörungen angesetzt, um die Meinungen von verschiedenen Interessengruppen aufzunehmen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Dieses „Aufsaugen“ von Lebenswirklichkeit findet aber auch und vor allem im Wahlkreis selbst statt. Hier erfahre ich unmittelbar von den Freuden, Sorgen und Problemen der Bevölkerung und kann sie für meine politische Arbeit in Potsdam nutzen. Dabei geht es oft um Entscheidungen von großer Tragweite für das ganze Land. Die Abgeordneten in ihrer Gesamtheit setzen mit ihrer gesetzgeberischen Arbeit den landespolitischen Rahmen für das Werden und Wachsen des ganzen Landes. Diese Verantwortung, sehr geehrtes Ehepaar Heinze, ist aus meiner Sicht – gerade auch im Vergleich mit den Gehältern etwa von Managern der deutschen Wirtschaft bei weitem nicht zu hoch vergütet.
Zur besonderen Verantwortung der Abgeordneten gehört auch, dass sie in eigener Sache über ihre Aufwandsentschädigungen entscheiden müssen. Gerade aus diesem Grund ist es so wichtig, dass der Willensbildungsprozess im Parlament für den Bürger durchschaubar ist und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen wird. Diesem Anspruch wird unser Landtag nach meiner Ansicht durchaus gerecht.
Zu den Einzelheiten: Bei den Erhöhungen der Diäten müssen zwei Verfahren unterschieden werden. Zum einen regelt das Abgeordnetengesetz, dass die Entschädigung an die allgemeine Einkommensentwicklung im Land angepasst wird. Voraussetzung für die Anpassung ist ein diesbezüglicher Bericht des Statistikamtes Berlin-Brandenburg an den Landtagspräsidenten. Dieser Bericht liegt noch nicht vor, sodass eine Anpassung der Entschädigung auch noch nicht beschlossen werden kann. Sie, sehr geehrtes Ehepaar Heinze, zielen jedoch mit Ihrer Frage auf die in der Presse gemeldete Überarbeitung des Abgeordnetengesetzes. Hierzu erlauben Sie mir einige erläuternde Sätze: Aufgrund der Kritik an steuerfreien Pauschalen und Aufwandsentschädigungen, die die Abgeordneten neben ihren eigentlichen Diäten erhalten, und des Systems der Altersversorgung, ist auch aus meiner Sicht eine Reform des Abgeordnetengesetzes dringend erforderlich. Hierzu wurde vom Landtag eine unabhängige Kommission eingesetzt, die nun Vorschläge vorgelegt hat, an denen sich die Reform weitgehend orientieren soll.
Dabei geht es – wenn Sie so wollen – um genau das, was Sie einfordern: Gleichstellung der Abgeordneten mit dem Steuerbürger und vollständige Transparenz bei der Entschädigung! Zukünftig sollen demnach alle Leistungen, die der Abgeordnete erhält, der Steuer unterliegen. Da die steuerfreien Pauschalen und Aufwandsentschädigungen abgeschafft werden sollen, müssen die Diäten an die finanziellen Aufwendungen der Abgeordneten angepasst werden. Auf den ersten Blick – und da gebe ich Ihnen recht - erscheint deshalb die Erhöhung der Diäten erheblich. Jedoch wird der Wegfall der steuerfreien Pauschalen durch das vorgesehene neue Verfahren nur zum Teil ausgeglichen.
Ich hoffe sehr, dass meine Anmerkungen etwas Klarheit geschaffen haben und würde mich freuen, wenn Sie Ihre selbst verordnete Wahlabstinenz noch einmal überdenken würden. Freie Wahlen waren schließlich das wichtigste Ziel bei unseren Demonstrationen 1989.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Matthias Platzeck
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am 28. März 2012
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