Sehr geehrter Herr Schetelich,
mit Ihrer Wortmeldung liefern Sie so etwas wie eine Zusammenfassung aller Fragen und Kritiken im Zusammenhang mit der Verschiebung unserer Flughafeneröffnung, die in den vergangenen Tagen und Wochen zu lesen und zu hören waren. Vermutlich auch deshalb wurde Ihr Eintrag so erfolgreich gevotet. Mir wiederum gibt Ihre Frage die Möglichkeit, mich auch hier auf meinem Portal wie schon im Landtag Brandenburg und auf unserer Internetseite brandenburg.de umfassend vor den Bürgerinnen und Bürgern zum Thema äußern zu können.
Sehr geehrter Herr Schetelich, wie viele andere Bürgerinnen und Bürger habe ich mich auch auf den 3. Juni gefreut. Dass der Eröffnungstermin für unseren neuen Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ so kurzfristig verschoben wurde, weil die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft einräumen musste, die Ziele nicht mehr erreichen zu können, ist auch für mich sehr bitter.
Richtig ist: Bei großen Infrastrukturprojekten wie einem Flughafen kann es aus verschiedenen Gründen zu Terminverschiebungen kommen. Dies kann auch zweimal passieren. Enttäuscht bin ich aber, dass die Geschäftsführung ihre Gesellschafter erst so kurz vor dem geplanten Eröffnungstermin über die notwendige Verschiebung informiert hat. Zu den dadurch entstehenden Kosten kann ich im Augenblick noch keine seriöse Auskunft geben. Die Flughafengesellschaft wurde vom Aufsichtsrat aufgefordert, am 22. Juni einen gründlich ausgearbeiteten Finanzierungsplan vorzulegen.
Heute schon gilt, dass das Terminal um die Hälfte größer geworden ist als ursprünglich gedacht. Hierfür gibt es gute Gründe. Unsere Region boomt. Das sorgt für mehr Flüge und für mehr Passagiere. Deshalb wurden später geplante Bauabschnitte schon jetzt realisiert. Die sind fertig, haben aber Geld gekostet und machen einen Großteil der Mehrkosten aus. Hinzu kommt, dass während der Bauzeit höhere Standards gesetzt wurden. Ich nenne hier beispielsweise die doppelstöckigen Fluggastbrücken, damit heute gängige Großraumflugzeuge besser abgefertigt werden können. Es geht aber auch um die Umsetzung der neuen europäischen Sicherheitsrichtlinie. Die regelt unter anderem, dass wir alle demnächst wieder Getränkeflaschen mit an Bord nehmen können. Allein das erforderte den Bau zweier zusätzlicher Pavillons und verursacht Zusatzkosten, übrigens auch bei allen anderen Flughäfen. Mir ist bewusst, dass viele unterschiedliche Zahlen kursieren und die Bürgerinnen und Bürger verunsichern. Deshalb noch mal klipp und klar: Zurzeit beträgt die Kostenprognose für das Terminal 1,22 Milliarden Euro ohne die Pavillons und ohne Umbauten im Terminal wegen der europäischen Sicherheitsrichtlinie. Dafür sind 50 Millionen eingeplant.
Der von Ihnen geäußerten Sorge, wonach der neue Flughafen zu klein gebaut wird, muss ich widersprechen. Wir werden über einen bedarfsgerechten Airport verfügen. Das schließt nicht aus, dass bei weiter steigendem Flugverkehr Erweiterungen notwendig werden. Offen gestanden freue ich mich darüber. Denn die positiven Wachstumsraten des Flugverkehrs in unserer Region bedeuten auch steigenden Tourismus und eine bessere Integration unserer regionalen Wirtschaft in den globalen Wissens- und Warenverkehr. Ich finde, diese Wachstumsraten sind positive Signale und das Gegenteil von Missmanagement.
Sehr geehrter Herr Schetelich, Sie sprechen auch meine persönliche Verantwortung als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates an. Ich kann Ihnen versichern, dieses Mandat zu jeder Zeit sehr ernst genommen zu haben und zu nehmen. Denn schließlich handelt es sich um eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte Brandenburgs und der Hauptstadtregion insgesamt.
Deshalb möchte ich hier einige Aspekte gerade zur Arbeit mit Blick auf den Brandschutz im Detail erläutern.
Bereits im Februar habe ich veranlasst, dass ein Mitarbeiter an den Sitzungen einer von der Flughafengesellschaft initiierten Arbeitsgruppe zum Thema "Brandschutz" teilnimmt und mir laufend berichtet. Auch aus dieser Arbeitsgruppe kamen Hinweise, dass die Fertigstellung des Brandschutzes auf kritischem Weg sei. Aber – so hieß es - wenn alle zu beteiligenden Akteure konstruktiv und termintreu arbeiteten, könne der Eröffnungstermin gehalten werden. Noch in der Sitzung am 20. April hat der Aufsichtsrat explizit nachgefragt, ob die seit Dezember 2011 bekannten Probleme bei der vollautomatischen Brandschutzanlage eine Eröffnung des Flughafens am 3. Juni in Frage stellen würden oder nicht. Die klare Antwort der Geschäftsführung lautete: Ja, es gibt Schwierigkeiten, aber die kriegen wir in den Griff. Es klappt, der Termin wird gehalten. Im Ergebnis habe ich gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Aufsichtsrats erst am Abend des 7. Mai von der Geschäftsführung zu meiner großen Überraschung erfahren, dass der Inbetriebnahmetermin 3. Juni nicht mehr realisiert werden kann.
Als Konsequenz aus diesem Scheitern sehe ich in allererster Linie eine deutlich bessere Steuerung und Kontrolle. So hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung aufgefordert, die Planungen, die Bauüberwachung und die Kontrolle grundlegend zu verbessern. Abstimmungsfehler zwischen diesen drei Bereichen, die für die Verschiebung wesentlich waren, dürfen sich nicht wiederholen. Deshalb wurde auch die Vertragsauflösung mit der Planungsgemeinschaft bbi beschlossen.
Und ich sage ganz klar: Zukünftig erwarten der Aufsichtsrat und seine Ausschüsse von der Flughafengesellschaft bei allen Vorlagen deutlich mehr Transparenz und eine höhere Termindichte in der Berichterstattung. Jedes Problem, egal zu welchem Zeitpunkt es auftritt, egal wie klein und beherrschbar es erscheint, muss im Zusammenhang mit dem Eröffnungstermin ganz genau in den Blick genommen werden. Wenn die Gesellschaft ´rote Ampeln´ - also unmittelbare Gefahren für die pünktliche Fertigstellung - intern diskutiert, so hat sie diese Diskussion dem Aufsichtsrat zur Kenntnis zu geben. Hier sehe ich insbesondere die Projektsteuerer in der Pflicht. Das verlorene Vertrauen können wir nur durch stetiges Arbeiten zurückgewinnen. Es bleibt mein Ziel, einen wirtschaftlich erfolgreichen und akzeptierten Flughafen an den Start zu bringen.
Sie haben sich, sehr geehrter Herr Schetelich, eingehend zur Arbeit und den Pflichten des Aufsichtsrates geäußert. Erlauben Sie mir dazu einige Bemerkungen. Ein Aufsichtsrat ist keine Bauleitung. Er ist nicht für das operative Geschäft des Unternehmens zuständig – und kann das auch gar nicht sein. Er überwacht die Geschäftsführung, so steht es auch im § 111 des Aktiengesetzes, – aber er führt die Geschäfte nicht selbst. Es ist sogar ausdrücklich ausgeschlossen, Maßnahmen der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat zu übertragen. Darin unterscheidet er sich nicht von den Aufsichtsräten anderer großer Unternehmen. Auch sitzen im Aufsichtsrat des Flughafens nicht nur Politiker, sondern insgesamt 15 honorige Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft, einschließlich der Vertreter der Arbeitnehmer.
Zu Ihrer Frage nach einer dritten Start- und Landebahn gilt meine Antwort vom 24. Oktober 2011 weiterhin. An dem Standort Schönefeld kann ich mir keine dritte Start- und Landebahn vorstellen und dabei bleibe ich. Der Standort Sperenberg ist für mich heute keine Alternative mehr zu einem rechtskräftigen Standort Schönefeld, für den ein gültiger Planfeststellungsbeschluss vorliegt.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Platzeck
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