Sehr geehrter Herr Krüger,
ich lese Ihre sehr interessante Zuschrift als ein Plädoyer für eine andere Kultur bei der Planung von bedeutenden Bauvorhaben. Zunächst einmal haben Sie Recht, dass solche Planungsprozesse sehr zügig und oftmals unter großem Druck vorangebracht werden. Dennoch kommt es vielfach nicht zur schnellen Umsetzung, denn fast immer schließen sich langwierige juristischen Aus- einandersetzungen an oder es kommt zu unvorhergesehenen Schwierigkeiten. Beispiele aus jüngster Zeit sind unser Flughafen Berlin Brandenburg, aber auch die Elbphilharmonie in Hamburg oder der Ausbau der Autobahn 100 in Berlin.
Aus meiner Sicht bewegt sich das Thema in einem Spannungsfeld: Zum Einen muss es in unserer demokratischen Gesellschaft genug Zeit geben, um große Bauprojekte ausführlich politisch zu diskutieren, zu planen - und das möglichst unter Einbeziehung aller Beteiligten. Und es braucht ausreichend Zeit, um die Arbeiten dann fachmännisch auszuführen.
Zum Anderen besteht ein berechtigtes Interesse in der Öffentlichkeit, die Zeit zwischen der politischen Entscheidung über das „Ob“ eines Projektes und der Inbetriebnahme möglichst kurz zu halten. Die Gründe dafür sind vielseitig: Tatsächlich gilt beim Bauen das Prinzip „Zeit ist Geld“. Jede Verzögerung kostet zumeist zusätzliche Euro. Deshalb drückt auch jeder private Bauherr aufs Tempo. Ist die öffentliche Hand Auftragsgeber, handelt es sich um Steuergelder. Die Ausgaben sind hier an die jeweiligen Haushaltsvorgaben gebunden. Der Gesetzgeber stellt die erforderlichen Mittel für bestimmte Zeiträume, in Haushaltsjahren angegeben, zur Verfügung. Die Verwaltungen sind durch diesen Rahmen gebunden.
Auch wollen die Befürworter eines Bauvorhabens es natürlich möglichst schnell in Anspruch nehmen, etwa das langersehnte Schwimmbad oder die Lärm mindernde Umgehungsstraße. Nicht selten haben sich zuvor Bürger- innen und Bürger über einen längeren Zeitraum dafür eingesetzt und machen Druck. Bei manchen Vorhaben geht es auch darum, eine wirtschaftliche Chance wahrzunehmen, die durch Verzögerung verloren ginge. Ich denke dabei an innovative Projekte der Energieerzeugung. Und natürlich haben die Verantwortlichen in der Politik und der Verwaltung den Wunsch, die Früchte ihres Wirkens wachsen zu sehen.
Und noch einen weiteren Aspekt will ich hier anführen, der mir sehr wichtig ist. Wenn wir in Deutschland unseren Status als führende Industrienation und damit unseren Wohlstand sichern wollen, müssen wir innovative und gute Projekte auch in absehbaren Zeiträumen umsetzen können. Diese Überlegung kommt mir in manchen Diskussionen einfach zu kurz, auch wenn ich nie- mandem das Recht absprechen will, gegen das eine oder andere Projekt Vorbehalte anzubringen. Aus meiner Sicht brauchen wir einen überparteilichen Konsens in unserer Gesellschaft, dass wir den Industriestandort Deutschland als Quelle unseres Wohlstands nicht zum Nulltarif werden halten können. Dazu sind mitunter Kompromisse und auch manch unangenehme Begleit- erscheinung nicht zu vermeiden.
Bei all dem Gesagten, sehr geehrter Herr Krüger, gilt dennoch der Grundsatz, dass die gesetzlich vorgesehenen Verfahrensvorschriften einzuhalten sind. Deren Zweck ist es auch, möglichst allen Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, um wirklich nichts zu übersehen. Ich bin davon überzeugt, dass die Behörden in Brandenburg, egal ob die des Landes oder der kommunalen Ebene, sich rechtssicher verhalten.
Ungeachtet all dessen, haben Sie, sehr geehrter Herr Krüger, natürlich Recht mit Ihren Forderungen mit Blick auf die konkreten Planungen und Durch- führungen. Die Bauherren, ausführende Unternehmen und die beteiligte Verwaltung sind immer angehalten, sorgsam zu planen, um Störungen, die zu Zeitverzug führen können, möglichst zu vermeiden. Dazu gehört, Zeit für zunächst Unvorhersehbares einzuplanen.
Ich denke, dass wir alle Instrumente haben, um eine gute Planungskultur umzusetzen. Dabei will ich nicht verhehlen, dass ich besonders in punkto Öffentlichkeitsarbeit bei besonders umstrittenen Vorhaben Verbesserungen für nötig halte.
Mit freundlichem Gruß
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