Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Helmut Krüger am 10. Juni 2013
26411 Leser · 75 Stimmen (-0 / +75) · 2 Kommentare

Wirtschaft

Was haben andere Orte im Land davon, wenn das Land im wesentlichen aus Potsdam + x besteht?

geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter und lieber Matthias Platzeck,

... auf diesen vielleicht etwas zugespitzten Titel wie oben will ich es - als Bürger Potsdams, der ich bin - bringen.

Das ist vielleicht etwas unüblich, nicht interessengeleitet und einseitig "zu eigenen Gunsten" zu schreiben, sondern auch dafür, dass es Belange anderer gibt, die mit den eigenen Interessen nicht unbedingt deckungsgleich sind, ja, wo das Eigene ggf. sogar mal zurückstehen muss, sollen auch andere zum Zuge kommen.

Wenn ich die Jahre zurückblicke, hat sich eine ungute Eigenart Potsdams, die in der PAUSCHALEN Behauptung besteht, wenn es Potsdam gut geht, es folglich und per Definition auch allen anderen gut gehen müsse, grundsätzlich und im Wesentlichen nicht verändert.

In dieser Pauschalität halte ich das für eine schönfärberische Behauptung.

Was spezifisch mit Potsdam zu tun hat, wie die Wiedergewinnung der eigenen Mitte, das soll und das muss unabdingbar gebaut werden, denn in einer Stadt, in der die wichtigere Hälfte ihres Kerns vernichtet wurde, kann deren geschichtliche Identität nur leiden. Also geht der Landtagsbau in allen Facetten in Ordnung und dadurch kann auch alles abstrahlen auf andere Orte im Land, die im Zuge des Denkmalschutzes gleichfalls gewonnen haben.

Der angeführte provokante Titel ist allerdings gemünzt auf öffentlichkeitswirksame, prestigeträchtige wirtschaftliche Ansiedlungen und das Vorhalten entsprechender öffentlicher Infrastruktur. Wenn hier Kritik von anderen Kommunen geübt wird, so zu Recht.

"Das ganze Land wird abgeschafft", hat es mal jemand etwas sarkastisch und unverblümt formuliert, als dass Konzept der dezentralen Konzentration formell zwar nur umgeschrieben, faktisch aber wegen eines behauptet Unrealistischen beerdigt wurde.

Das klingt ggf. bitter und es wird mir widersprochen werden. Schaue ich nach all den Jahrzehnten auf die Aspekte möglichst gleichmäßiger Landesentwicklung, komme ich zu keinem anderen Ergebnis als zu diesem. Das hat überhaupt nichts mit politischen Vorzeichen zu tun, denn diese haben ja in ihrer Zusammensetzung mehrmals gewechselt, es hat gerade etwas mit der FEHLENDEN Potsdamer Demut zu tun, bekäme Brandenburg/Havel, bekommt Frankfurt/Oder, bekommt Angermünde oder Cottbus etwas, wo Potsdam gleichsam nach lechzt.

Darf so "selbstlos" argumentiert werden, wenn es die Aufgabe des städtischen Kämmerers ist, sich genau so zu verhalten, die Aufgabe der LANDESregierung allerdings schon eine andere wäre ...

... Nürnberg, Augsburg und Regensburg verbrandenburgisiert am Bettelstab gingen, weil München alles einheimste, bei Freiburg, Karlsruhe und Mannheim zugunsten Stuttgart genauso und ebenso bei Braunschweig, Osnabrück und Göttingen gegenüber Hannover?

+75

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Antwort
von Matthias Platzeck am 20. August 2013
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Krüger,

Sie haben eine engagierte Stellungnahme abgegeben, die noch dazu Seltenheitswert hat. Da setzt sich einer dafür ein, dass sich die eigene Stadt zurücknimmt und andere Städte und Dörfer mehr profitieren sollen. Das ist ehrenwert und verdient Respekt. Und wahrscheinlich ist es so, dass auch andere in unserem Flächenland Brandenburg Ihre These umtreibt – und mich als Ministerpräsidenten natürlich auch. Aber eine Gleichung in der Art: ´Land Brandenburg = Potsdam + x´ hat noch keine brandenburgische Landesregierung bisher aufgemacht, aus gutem Grund. Denn eine solche Gleichung stünde im Widerspruch zur Verfassung und sie könnte auch gar nicht aufgehen.

Das Land Brandenburg ist auch mehr als die Summe aller seiner Regionen, Kreise und Kommunen, es ist unsere Heimat. Schon darum ist unser Ziel ganz klar ein starkes und lebenswertes Brandenburg - für alle und in allen Landes-teilen. Dass sich die Landeshauptstadt Potsdam dabei in manchen Punkten von den anderen märkischen Städten und Regionen unterscheidet - aufgrund ihrer Größe, ihrer Geschichte, ihrer Lage und ihren Aufgaben - ist für mich kein Widerspruch dazu. Potsdam spielt durchaus eine besondere aber keine Sonderrolle. Das zeigt sich ganz gut an den regionalen Wachstumskernen, wo Potsdam einer von 15 im ganzen Land ist. Gleicher unter Gleichen im Wettstreit um Investoren und Fördermittel.

Erlauben Sie mir jetzt ein persönliches Dankeschön an Sie. Dies ist meine letzte Antwort auf dem Portal direktzu/Platzeck als Ministerpräsident des Landes. Sie haben mir mit Ihrem Beitrag vermutlich ungewollt die Möglichkeit zu einem Schlusswort gegeben, denn mit den folgenden Sätzen will ich nicht nur Ihre Frage resümierend beantworten, sondern mich auch von allen Leserinnen und Lesern verabschieden:

Es ehrt Sie also, sehr geehrter Herr Krüger, dass Sie das Wohl von ganz Brandenburg in den Blick nehmen. Da bin ich ganz bei Ihnen. Egoismen helfen uns nicht weiter. Wir brauchen stattdessen noch mehr Gemeinsinn und Solidarität, gute Ideen und kluge Brandenburger Köpfe, um unser Land als Ganzes und in allen seinen Teilen voranzubringen. Im Übrigen heißt es am Schluss unserer inoffiziellen Landeshymne ja auch: „Brandenburg alle Wege…“

Alles Gute für Sie und alle Leserinnen und Leser von direktzu, möge der Rote Adler uns immer begleiten.

Mit freundlichem Gruß

Matthias Platzeck


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