Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Falk Rengert am 04. Juli 2011
9078 Leser · 64 Stimmen (-0 / +64) · 1 Kommentar

Umwelt

CCS ein Langzeitrisiko und ein weiteres Endlagerproblem

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Ihr Zitat: „Ich setze große Hoffnungen in die CCS-Technologie. Aber ich sage auch ganz klar: In Brandenburg wird es neue Braunkohlekraftwerke nur geben, wenn sie mit moderner CO2-Abscheidetechnik ausgerüstet sind. Darum brauchen wir rasch das entsprechende Gesetz und die damit verbundenen Rechtssicherheit.“

Ich würde Ihnen gerne einige ganz einfache Fragen dazu stellen:
Werden die Menschen auch noch in 10000 Jahren wissen wo überall riesige Mengen CO2 verklappt wurden?

Wie wollen Sie sicherstellen, dass in diesen Regionen niemals Erdbohrungen, Erdverwerfungen, Erdbeben, Geothermie Bohrungen ect. stattfinden?

Meiner Meinung nach ist dies keinesfalls sicherzustellen und birgt erhebliche Risiken bei einem plötzlichen Austritt von größeren Mengen CO2 (die tödlichen Folgen für Mensch und Fauna werden Sie sicher kennen). Weiterhin bestehen bei der Verpressung von CO2 unabsehbare Folgen für das Grundwasser und die Stabilität der Erdschichten (Gefahr von regionalen Erdbeben). Es ist ein Irrtum zu glauben, dass mit einer Verpressung des CO2 Gases in unsere Heimaterde das Klimaproblem beseitigt wird. Das Problem wird damit einfach nur auf unsere Enkelkinder verschoben und dann auch noch mit unkalkulierbaren Folgen.

Herr Platzeck wäre es nicht viel besser unsere Waldflächen zu vergrößern (aufzuforsten) und Geld in wirklich richtungsweisende Technologien zur Vermeidung von CO2 zu investieren?

Ich bitte Sie inständig diese CCS Technologie, deren Risiken und den tatsächlichen Nutzen dieser Technologie zu überdenken. Bitte machen Sie Ihre Entscheidung nicht von den nächsten 50 Jahren abhängig oder vielleicht sogar von kurzfristigen finanziellen Erträgen. Sie werden bestimmt zu dem gleichen Schluss kommen wie ich:

Unsere brandenburgischen Wälder könnten doch CO2 viel effektiver, sicherer, umweltschonender, langfristiger, ressourcenschonender, nachhaltiger, preiswerter und vor allen Dingen viel "schöner" speichern als jede CCS (End)lagerstätte.

Bitte setzen Sie sich zukünftig für den Stopp dieser gefährlichen Technologie ein! Es sollte Rechtssicherheit mit dem Verbot der CCS-Technologie hergestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Falk Rengert

+64

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Antwort
von Matthias Platzeck am 08. September 2011
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Rengert, Ihrer Frage entnehme ich, dass Sie sich - wie viele andere Menschen auch - Sorgen um unsere Umwelt und den Klimaschutz machen. Die Weltgemeinschaft will erreichen, dass die Erderwärmung zwei Grad nicht übersteigt. Um dieses Ziel zu sichern, müssen vor allem die großen Industriestaaten – also auch Deutschland - eine Vorreiterrolle übernehmen.

Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie, den ich sehr unterstütze, muss Deutschland nicht nur um die Einhaltung der Klimaschutzziele ringen, sondern gleichzeitig auch die Energieversorgung unseres Hochindustrielandes sichern. Es besteht weitgehend Konsens darin, dass dies langfristig über die Erneuerbaren Energien gelingen muss. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Erneuerbaren in den nächsten Jahrzehnten noch nicht die vollständige Energieversorgung in Deutschland sichern werden, auch wenn wir beispielsweise hier in Brandenburg dabei schon auf einem guten Weg sind. Es fehlen vor allem noch die notwendigen Speichertechnologien, um den Strom aus den Erneuerbaren jederzeit zur Verfügung zu haben.

Aus all dem folgt, dass wir noch für einen längeren Zeitraum Strom aus fossilen Energieträgern als "Brücke" zu den Erneuerbaren benötigen. Ich spreche hier von zu importierendem Gas und natürlich auch von der Braunkohle, die als einziger einheimischer Rohstoff in genügenden Mengen zur Verfügung steht. Zugleich haben wir auch immer gesagt, dass es eine weitere Verstromung unserer Braunkohle nur bei Einhaltung der in unserer Energiestrategie vorgesehenen deutlichen Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes geben wird. Eine Möglichkeit ist die so genannte CCS-Technologie, also die Abscheidung und Speicherung sowie – und das möchte ich besonders betonen - die Verwertung des CO2. Weltweit gibt es zur CO2-Abscheidung und -Speicherung bereits zahlreiche Projekte, wie in der Norwegischen Nordsee, wo in salinen Gesteinsformationen tief unter dem Meeresboden seit 1996 Kohlendioxid gespeichert wird.

Doch nun zu Ihren sehr konkreten Sorgen. Ich habe Verständnis dafür. Deshalb haben wir in unserem Koalitionsvertrag festgelegt, dass bei einer Speicherung des CO2 die Sicherheit der Menschen - und das gilt auch für künftige Generationen - höchste Priorität hat. Die Menschen und ihr Eigentum sowie die natürlichen Lebensgrundlagen von Tieren und Pflanzen dürfen nicht beeinträchtigt werden. Deshalb, sehr geehrter Herr Rengert, ist uns die Erforschung der Speichertechnologie vor dem Hintergrund der höchsten Sicherheit von Mensch und Umwelt ein besonderes Anliegen.

Zugleich sage ich aber auch ganz klar: Wir werden die Speicherung nicht weiter erproben, wenn die eigentlichen Speicherländer in Deutschland auf Basis eines CCS-Gesetzes aussteigen können. Aus diesem Grund hat das Land Brandenburg im Bundesrat auch den CCS-Gesetzentwurf der Bundesregierung abgelehnt. Ich bleibe dabei: CCS muss als sichere und zukunftsfähige Technologie für ganz Deutschland anerkannt werden, oder sie findet vorerst nirgendwo statt.

Aber, sehr geehrter Herr Rengert, durch das Agieren der Bundesregierung sehe ich die Gefahr, dass mittelfristig der Status Deutschlands als Industrieland gefährdet ist. Nach meiner festen Überzeugung geht es hier um die Quelle unseres Wohlstands. Kohlendioxid abzuspalten und es nicht in die Umwelt abzugeben, wird in all den Industrien Einzug halten, die besonders CO2-intensiv sind. Wir laufen also Gefahr, Arbeitsplätze beispielsweise in der Stahlindustrie ins Ausland zu verlieren, weil dort Technologien einer Kohlendioxid-armen Produktion schneller verfügbar sind und so die künftig steigenden Kosten für Emissions-Zertifikate geringer ausfallen.

Deswegen bin ich mit auch Ihnen einer Meinung, in Technologien zur Vermeidung und zur Verwertung von CO2 zu investieren. Und aus diesem Grund unterstützt die Landesregierung das Energieunternehmen Vattenfall bei Planungen zum Bau eines neuen, CO2-armen Kraftwerkes, welches gleichzeitig einen hohen Wirkungsgrad haben wird.

Für die Landesregierung Brandenburg bleibt es dabei: Wir wollen mithelfen, die nationalen und globalen Klimaschutzziele zu erreichen, im Interesse der Menschen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Platzeck


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