Sehr geehrte Frau von Kessel,
verbunden mit einem Dank für Ihren Beitrag das eine gleich vorab: Sie können sicher sein, dass es mir mit dem Auftrag der Brandenburger Bürgerinnen und Bürger sehr ernst ist. In den angeschobenen Verhandlungen um mehr Nachtruhe im Umfeld des neuen Flughafens Berlin Brandenburg werden wir in der Tat viel Kraft und Durchhaltevermögen brauchen, um gemeinsam ein gutes Ergebnis auf den Weg zu bringen.
Dieses Ergebnis, sehr geehrte Frau von Kessel, kann nach meiner Überzeugung nur ein Kompromiss sein. Einer, der dem berechtigten Wunsch nach mehr Nachtruhe und der wirtschaftlichen Notwendigkeit leistungsfähiger Flugregelungen gleichermaßen Rechnung trägt. Auf Ihre unterstützenden Zeilen sage ich Ihnen und den Leserinnen und Lesern meiner Online-Plattform deshalb auch unumwunden: Mit Maximalforderungen werden wir in den aufgenommenen Gesprächen wenig erreichen können. So ehrlich will ich und so ehrlich muss ich als Ministerpräsident des Landes Brandenburg mit Ihnen sein.
In den mehr als 20 Jahren, die ich der Landesregierung angehöre, kann ich mich an kaum eine lang anhaltende Auseinandersetzung erinnern, die von derart gegensätzlichen Standpunkten geprägt gewesen war. Fast täglich habe ich die Debatte um das Nachtflugverbot am neuen Flughafen in Briefen oder E-Mails auf meinem Schreibtisch. Wie Sie, verehrte Frau von Kessel, verleihen viele Menschen vor allem aus dem unmittelbaren BER-Umfeld ihren Forderungen nach einem bestmöglichen Lärmschutz Ausdruck. Auf der anderen Seite erreichen mich Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die auf das angenommene Volksbegehren mit Unverständnis reagieren. Denn mit dem neuen Flughafen sind große Hoffnungen auf wirtschaftliches Wachstum, auf hochwertige Arbeitsplätze und echte Zukunftsperspektiven in der Hauptstadtregion verbunden. „Wollen Sie diese Chance verspielen?“, werde ich gefragt.
Nein, entgegne ich entschieden: Diese Chance dürfen wir nicht vertun! Deshalb haben wir uns auf den Weg gemacht, den Verhandlungsauftrag des Volksbegehrens anzunehmen und für einen vernünftigen Ausgleich von Lärmschutz und Wirtschaftlichkeit zu sorgen. Der ist nicht im Brandenburger Alleingang, sondern nur im Schulterschluss mit den anderen beiden Gesellschaftern des Flughafens zu erreichen. Diese unteilbare Verantwortung müssen Brandenburg, Berlin und der Bund gemeinsam wahrnehmen.
Nun zu Ihrer abschließenden Frage zum Flugverkehr über den Havelseen: Das Verfahren zur Festlegung der Flugrouten an den deutschen Airports führen nicht die Landesregierungen. Vielmehr sind hier das Bundes- aufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) und die Deutsche Flugsicherung (DFS) gefordert, alles zu tun, damit möglichst wenige Menschen mit so wenig Fluglärm wie möglich belastet werden. Natürlich begleitet die Landesregierung diesen fortlaufenden Prozess eng – zum Beispiel über die Arbeit in der Fluglärmkommission. Der konstruktiven Arbeit ihrer Mitgliedskommunen und Kreise in den vergangenen Jahren ist es zu verdanken, dass die überarbeiteten Flugrouten für den BER mittlerweile deutlich mehr Akzeptanz genießen als die ursprünglichen Vorschläge der DFS aus dem Jahr 2010. Auch hier zeigt sich: Aufeinander zuzugehen, um gemeinsam nach Kompromissen zu suchen, ist eine große Chance – und kein Eingeständnis von Schwäche.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Platzeck
Kommentare (1)Öffnen
am 22. Februar 2013
1.
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