Sehr geehrter Herr Zimmermann,
vielen Dank für Ihren sehr emotionalen Eintrag auf diesem Portal. Lassen Sie uns gemeinsam auf die Entscheidungsfindung für die Mittelvergabe aus dem Vermögen der Parteien- und Massenorganisationen der DDR blicken. Im Sommer vergangenen Jahres hatte die Landesregierung den Rahmen für die Verwendung dieser Mittel beschlossen. Gefördert werden können demnach auch Maßnahmen der Erinnerungskultur in unserem Land für die Zeit von 1933 bis 1989. In den Genuss der Förderung können also Museen, Gedenkstätten und Erinnerungsorte der Zeitgeschichte mit ihren Ausbauvorhaben kommen. Es geht hierbei vor allem um kulturelle Gedächtnis- und Erinnerungsorte, die einen Schwerpunkt in der Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts haben. Aus meiner Sicht gehört auch der jetzige Standort der Garnisonkirche Potsdam zweifellos dazu.
Die Garnisonkirche ist in mehrfacher Weise ein Symbol- und Erinnerungsort, da sie besonders für die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts steht: Der bedeutendste barocke Kirchenbau Norddeutschlands ist eng mit der preußisch-deutschen Geschichte verbunden, so dass er als Symbol für Aufstieg und Untergang Preußens wahrgenommen wird. Die Kirche steht für Religiosität und weltlichen Machtanspruch, für Missbrauch und Widerstand in den Jahren 1933 bis 1945 einerseits und für Zerstörung und Neuanfang 1945 bis 1989 sowie 1990 bis heute andererseits. Ich bin davon überzeugt, dass aus den genannten Gründen gerade diese Kirche für unsere Wahrnehmung der jüngeren deutschen Geschichte – und nicht nur Potsdams - eine große Rolle spielt.
Sehr geehrter Herr Zimmermann, der Landesregierung ist nicht entgangen, dass der Wiederaufbau in der Öffentlichkeit nicht unumstritten ist. Um es einfach zu sagen: An diesem Projekt scheiden sich vielfach die Geister. Dennoch bin ich der Meinung, dass die vielen Brüche und Schwerpunkte der letzten 300 Jahre deutscher Findung und Staatswerdung sich hier kristallisieren wie an kaum einem anderen Ort. Gerade in Potsdam bildet sich eine neue Gesellschaft, die sich an diesem zwiespältigen Stück deutscher Geschichte stößt und reibt, sie aber auch als eine unserer Wurzeln begreift, die es zu reflektieren gilt. Deshalb ist beabsichtigt, am authentischen Ort deutscher und deutsch-deutscher Geschichte insbesondere auch für nachwachsende Generationen einen Ort des Lernens und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu schaffen.
Mit der Förderung in Höhe von 2 Millionen Euro sollen die Grundlagen für die Planung des Wiederaufbaus gelegt werden. Dazu gehört in einem ersten Schritt die Schaffung einer differenzierten Planungsgrundlage für den Turm der Garnisonkirche als Symbol- und Wahrzeichen. Gleichzeitig sollen die räumlichen Voraussetzungen für zeitgeschichtliche Bildungs- und Aufklärungsarbeit bis zur Fertigstellung des Turms 2017 geschaffen werden. Dazu wird auch eine Ausstellung gehören. Unbestritten ist, dass diese Räumlichkeiten, die multifunktional zu nutzen sein werden, auch als Andachtsort dienen können.
Der Begriff einer Kapelle ist hier möglicherweise irreführend, denn ein solch spezieller Bau wird nicht errichtet. Die vorgesehenen Flächen werden multifunktional sein, da es sich um eine kleine Gesamtfläche handeln wird.
Zum Schluss möchte ich noch einmal betonen, dass dieses Projekt - auch aufgrund der Zweckbindung der Mittel insgesamt - nicht in Konkurrenz zu anderen Vorhaben steht oder entschieden wurde. Auch an vielen anderen Stellen im Land werden derzeit aus diesen Mitteln Projekte der Zeitgeschichte an authentischen Orten ermöglicht und gefördert, so z.B. die Dokumentationsstelle des Zuchthauses Brandenburg-Görden oder auch die Überarbeitung der Dauerausstellung für DDR-Alltagskultur im Dokumentationszentrum Eisenhüttenstadt.
Mit freundlichen Grüßen
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