Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Benedikt Kütter am 25. August 2009
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Umwelt

Illegale Müllbeseitigung in Brandenburg

Sehr geehrter Herr Minister Platzeck,

ich zitiere aus einem Artikel der MOZ: „In Brandenburg sind in den vergangenen Jahren rund 500 000 Tonnen illegalen Abfalls entdeckt worden – etwa so viel, wie jährlich im Land legal entsorgt wird. Mit der Menge führt das Land die bundesweite Statistik an.“

Was gedenken Sie angesichts dieser vorherrschenden Abfall-Piraterie im Raum Brandenburg zu unternehmen? Es muss sich doch genau nachverfolgen lassen, woher der Müll stammt. Irgendwelche Anhaltspunkte muss es doch geben.

Es kann doch nicht sein, dass am Ende wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Hier müssen die wirklich Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Wie konnte es überhaupt dazu kommen? Die vielzitierte „Wohlstandsexplosion“ in allen Ehren. In Sachen Müllbeseitigung liegt im Raum Brandenburg einiges im Argen.

Mit freundlichen Grüßen
Kütter

+118

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Antwort
von Matthias Platzeck am 27. Oktober 2009
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Kütter,

ich bin mit Ihnen einer Meinung: Illegale Müllentsorgung ist kein Kavaliersdelikt, sondern muss verfolgt werden. Brandenburgs Natur soll der Erholung dienen und darf durch kriminelle Machenschaften keinen Schaden nehmen. Ich verstehe deshalb, dass Sie dieses Thema bewegt.

Sie nehmen Bezug auf einen Beitrag in der Märkischen Oderzeitung. Die dort berichteten Fälle illegaler Abfallentsorgung stammen aus den Jahren 2003 bis 2007. Polizeiliche und staatsanwaltliche Ermittlungen bis heute sowie anstehende Gerichtstermine sind immer wieder Anlass für Zeitungs- und Fernsehberichte. Sie merken, sehr geehrter Herr Kütter, dieses Thema treibt nicht nur Sie um, sondern es besteht ein öffentliches Interesse an Aufklärung und Strafverfolgung. Allerdings: Nicht immer sind die Fakten vollständig und unmissverständlich dargestellt. So liegt die jährlich zu entsorgende Abfallmenge in Brandenburg um ein Mehrfaches höher als der ermittelte Umfang der illegal abgelagerten. Aber das nur am Rande.

Warum kam es nun gerade in den Jahren 2006 und 2007 zu solch einer Häufung von illegaler Müllentsorgung in Kiesgruben und auf stillgelegten Altdeponien? Hier besteht ein Zusammenhang mit dem Deponierungsverbot für bestimmte Abfälle, das am 1. Juni 2005 bundesweit in Kraft getreten ist. Seitdem müssen etwa Haus- und Sperrmüll sowie gemischte Gewerbeabfälle vor der Deponierung vorbehandelt werden. Dafür musste von der Ostsee bis zum Bodensee eine Vielzahl entsprechender Anlagen gebaut werden, die nicht alle rechtzeitig in Betrieb gingen. Es kam bundesweit zu Engpässen. Auch wir hier in der Region Berlin/Brandenburg waren betroffen. Dennoch hielten sich bei uns die Probleme bei den in kommunaler Verantwortung zu entsorgenden Abfällen in Grenzen. Dabei halfen die Unterstützung kommunaler Anlagenbetreiber mit freien Kapazitäten sowie kurzfristig errichtete Zwischenlager.

Für die in Eigenverantwortung der Wirtschaft zu entsorgenden Abfälle sah dies etwas anders aus. Die Wirtschaft hatte es versäumt, rechtzeitig genügend zusätzliche Anlagenkapazitäten aufzubauen. Es gab auch keine Alternativkonzepte für den Fall von Engpässen. Insbesondere bei gemischten Gewerbe- und Bauabfällen kam es zu einem erheblichen Stau. Die Entsorgungspreise stiegen innerhalb kürzester Zeit erheblich. Diese Notsituation nutzten einzelne „schwarze Schafe“ der Branche, um große Gewinne aus illegaler Abfallentsorgung zu ziehen. Sie profitierten davon, dass für nicht gefährliche Abfälle keine Nachweispflicht besteht. Umbenennung von Abfällen in Sortieranlagen und Zwischenlagern, falsche Angaben in Lieferpapieren und unzulässiges Vermischen verschiedener Abfälle gehörten ebenso dazu wie der Weg zur Kiesgrube oder stillgelegten Deponie an abgelegenen Standorten. Die Abfälle wurden nachts dorthin gebracht und mit dicken Schichten harmloser Materialien abgedeckt. Den Ermittlungen zufolge stammen die Abfälle überwiegend aus anderen Bundesländern. Sie werden verstehen, sehr geehrter Herr Kütter, bei derart gezielter krimineller Energie war es den Überwachungsbehörden auch bei intensiven Kontrollen kaum möglich, illegales Tun zu verhindern.

Zur Bilanz gehört auch, dass nach 2007 illegale Entsorgungen vergleichbarer Größenordnung nicht mehr festgestellt wurden. Zunehmende Anlagenkapazitäten und gefallene Entsorgungspreise haben den materiellen Anreiz für die Kriminellen deutlich verringert. Aber auch die Ermittlungsverfahren scheinen sich auszuwirken. Ein Beispiel: In unserem Land ist in 85 Tagebauen das Verfüllen mit bestimmten mineralischen Abfällen zugelassen. Nach Bekanntwerden illegaler Entsorgungspraktiken größeren Ausmaßes erfolgten umfassende Kontrollen mit Tiefenprüfungen; in 15 Fällen hat das zuständige Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Strafanzeige erstattet. Ende 2007 wurde eine Reihe illegaler Entsorgungen auf stillgelegten Altdeponien im Landkreis Potsdam-Mittelmark bekannt. Dafür zeichnet ein einzelner Unternehmer verantwortlich! Hier laufen ebenfalls intensive staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

Sehr geehrter Herr Kütter, ich habe bei den Nachfragen zu Ihrem Schreiben den Eindruck gewonnen, dass alles Notwendige unternommen wird, um die Verursacher solcher Umweltstraftaten zu ermitteln und zur Verantwortung zu ziehen. Ich danke Ihnen für Ihre Sorge um unser Land.

Mit freundlichem Gruß