Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Hardy Sandig am 15. März 2010
9208 Leser · 53 Stimmen (-2 / +51) · 0 Kommentare

Landesregierung

Namensgebung der LAkD

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

am 04.03.10 habe ich mit folgendem Text an die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD) gewandt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den Medien habe ich mitbekommen, dass Brandenburg nun auch einen Beauftragten zur Abarbeitung des in der DDR entstandenen Unrechts beauftragt hat. Ich finde das auch als Bürger der ehemaligen DDR gut.

Zur Namensgebung der Institution habe ich eine Frage:

Warum nennt sich diese Position: Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD)?

In meinem Verständnis ist in der Begrifflichkeit ein Fehler, weil Diktatur und Kommunismus zwei Begriffe sind, die sich tw. inhaltlich widersprechen.

In der DDR gab es m.E. die Diktatur der SED oder des Proletariats, wie man das auch sehen mag. Der Kommunismus ist eine klassenlose Gesellschaft ohne Privateigentum. Wenn es also keine herrschende Klasse oder Struktur im Kommunismus geben kann (und das nicht nur nach marx´scher Theorie), wie kann es dann eine kommunistische Diktatur geben oder gegeben haben?

Könnten Sie mir bitte mitteilen, wie so ein Name für diese Position zustande kam und warum man die von mir geschilderten Punkte nicht berücksichtigt hat.

Mit besten Grüßen

....

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich habe bis heute weder einen Zwischenbescheid noch eine Antwort erhalten. Nun meine Frage:

Könnten Sie mir diese Frage beantworten oder aber einen Ansprechpartner benennen, der sich dieser Frage annimmt.

Herzlichen Dank

Mit besten Grüßen

H. Sandig

+49

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Antwort
von Matthias Platzeck am 21. Mai 2010
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Sandig,

vielen Dank für Ihr interessantes Schreiben. Sie sprechen eine manchmal konfliktträchtige Frage an, nämlich die nach Begrifflichkeiten und deren „richtiger“ Verwendung in Politik und Gesellschaft.

Ich stimme Ihnen zu - im landläufigen Sinne galt in der DDR der Sozialismus als Gegenwart und der Kommunismus als Zukunft. Ohne mich in Feinheiten verlieren zu wollen, Kommunismus war nach meiner Erinnerung zugleich der übergeordnete Begriff. Aber das ist heute ziemlich egal. Die „sozialistische Demokratie“ in der DDR war nicht demokratisch und die Arbeiterklasse war in der „Diktatur des Proletariats auf deutschem Boden“ nicht an der Macht. Für Sprachwissenschaftler, Historiker und Philosophen bietet die ideologiegetränkte offizielle Sprache der DDR und übrigens auch der anderen „Länder des sozialistischen Weltsystems“ in Europa sicher noch ein reiches Betätigungsfeld.

Also die früheren Selbstbezeichnungen in der DDR sind nicht hilfreich und außerdem für die Opfer der SED-Diktatur eine Zumutung. Aber wie charakterisiert man nun die „sozialistischen Staaten“ in Mittel- und Osteuropa, die vier Jahrzehnte existierten? Nach 1990 hat sich der Begriff der „kommunistischen Diktatur“ schnell und weitgehend durchgesetzt. Es ist ein in mehrfacher Hinsicht sehr klarer Begriff: Erstens betont er das Wesen dieser Gesellschaften – es waren eben keine Demokratien.

Zweitens grenzt er diese Gesellschaften von der NS-Diktatur und dem Faschismus und seinen Erscheinungsformen ab, was auch wichtig ist.

Drittens verweist er auf die Theorien von Marx und Engels, Lenin und Stalin. Diese Klarheit finde ich unverzichtbar. Wichtig ist für mich auch, dass der Begriff über die SED-Diktatur hinausweist und in der europäischen Diskussion ein anerkannter gemeinsamer Nenner ist.

Aus all den genannten Gründen und mit Blick auf die Menschen, denen in der DDR Unrecht geschah, finde ich es folgerichtig und angemessen, dass wir in Brandenburg eine Landesbeauftragte für die „Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur“ haben.

Mit freundlichem Gruß