Sehr geehrter Herr Schulze,
vielen Dank für Ihren Eintrag. Das Thema ist von großem Interesse und hat auf meinem Portal bis heute über 1000 Leser. Sicher nicht zuletzt auch mit Blick auf den Wegfall der letzten Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit zum 1. Mai 2011.
Wenn Sie heute entlang der Oder fahren, werden Sie feststellen, dass die grenzüberschreitende Infrastruktur auch 20 Jahre nach dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag noch erheblichen Nachholbedarf hat. Kurze Wege über die Oder sind dabei nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung der Grenzregion von Bedeutung, sondern ermöglichen auch den unmittelbareren Kontakt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf beiden Seiten der Grenze. Zahlreiche praktische Beispiele zeigen: Viele Menschen wollen, dass die Oder nicht trennt, sondern verbindet. Diesen Eindruck kann ich immer wieder bei meinen Besuchen in der Grenzregion gewinnen.
So habe ich auch die Worte ihres Bürgermeisters Rainer Vierling in der Märkischen Oderzeitung verstanden: „Wir sind nicht vehement gegen eine Brücke, sondern allgemein gegen den vielen Verkehr in unserer Gegend, weil dabei viel Natur kaputt gehen würde.“ Die Untersuchung dessen war ein Bestandteil der landesplanerischen Beurteilung, die am 30. Dezember vergangenen Jahres vorgelegt wurde.
Bei dem Projekt soll die Bundesstraße 112 auf deutscher Seite mit der Nationalstraße 29 in Polen verknüpft werden. Insgesamt wurden vier Varianten für eine Trassenführung einer – und jetzt bitte ich um Verständnis für die bürokratisch scheinenden Bezeichnungen - grenzüberschreitenden Raumverträglichkeitsprüfung, einer raumordnerischen Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einer raumordnerischen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterzogen.
Im Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wird nun festgestellt, dass die Variante 2 mit der Oderquerung bei Aurith wegen der Bündelung mit vorhandenen Straßen, der geringsten Belastung von Natur-Freiräumen, der niedrigsten Inanspruchnahme von Natura-2000-Gebieten und des geringsten Flächenbedarfs mit den Erfordernissen der Raumordnung in Übereinstimmung steht. Und: Diese Variante wird auch von der polnischen Seite favorisiert.
Die landesplanerische Beurteilung hat gegenüber dem Träger des Vorhabens und gegenüber Einzelnen keine unmittelbare Rechtswirkung und ersetzt nicht die Genehmigungen, Planfeststellungen oder sonstigen Entscheidungen nach anderen Rechtsvorschriften.
Die konkrete Projektplanung erfordert weitere Abstimmungen. Das Baurecht auf deutscher Seite wird durch ein späteres Planfeststellungsverfahren hergestellt, in dem das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens zu berücksichtigen ist und in dem die Öffentlichkeit erneut Gelegenheit zur Stellungnahme hat.
Insofern haben Sie nach wie vor die Möglichkeit, sich in die Planungen einzubringen. Fakt ist aber auch: Egal wo letztendlich eine neue Verkehrsanbindung entstehen wird, es wird immer Argumente pro und contra und damit Befürworter und Gegner für ein solches Projekt geben. Genau wie im Energiebereich stehen auch beim Straßen- und Brückenbau oftmals übergreifende Interessen der Allgemeinheit gegen subjektives Empfinden einzelner Bürgerinnen und Bürger. Alle wollen, dass wir preiswert und sicher Energie beziehen, aber ein Kraftwerk, ein Windrad oder ein Erdgaslager in der eigenen Gemeinde viele Menschen nicht hinnehmen. Und viele wollen schnelle und sichere Verbindungen zu unseren polnischen Nachbarn, aber die Belastungen durch dazu nötige Straßenverbindungen will kaum einer tragen. Aufgabe von Politik ist es, die geeigneten Varianten auszuloten und Kompromisse zu finden. Ich bin sicher, dass der zuständige Minister diese Aufgabe verantwortungsvoll ausfüllt.
P.S. Raumordnungsverfahren für deutsch-polnische Straßenverbindung im Raum Frankfurt (Oder)/Słubice - Eisenhüttenstadt/Kłopot abgeschlossen: http://gl.berlin-brandenburg.de/vollzug/rov/deutsch-polni...
Mit freundlichen Grüßen
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