Sehr geehrte Familie Jürgen,
beim staatlichen Handeln geraten oftmals der Wunsch nach von den Bürgern durchaus geforderter größtmöglicher Sicherheit einerseits und möglichst weitgehender individueller Freiheit andererseits in ein Spannungsverhältnis. Das ist auch in Ihrem Fall so, bei dem es um die Frage nach der Notwendigkeit von Kehr- und Überprüfungsarbeiten durch die Schornsteinfeger geht. Im Vordergrund steht hierbei die Betriebs- und Brandsicherheit von Feuerungsanlagen und damit der Schutz von Leben und Eigentum, aber auch der Umwelt. Die Verantwortung hierfür trägt zunächst der Staat. Aus Effektivitäts- und Kostengründen hat er die Aufgaben jedoch privatisiert und durch das bundesweit geltende Schornsteinfegergesetz dem Schornsteinfegerhandwerk übertragen, da sonst Beamte Feuerungsanlagen vor Ort auf durchgeführte Arbeiten überprüfen müssten.
Die auf dem Schornsteinfegergesetz basierende, und zuletzt 2004 an den Stand der Technik angepasste so genannte Kehr-, Überprüfungs- und Gebührenordnung für Schornsteinfegerarbeiten unseres Landes wird den hohen Ansprüchen an Feuersicherheit und Umweltschutz gerecht. Selbst Hersteller von Feuerungsanlagen, die für die Qualität ihrer Produkte buchstäblich die Hand ins Feuer legen würden, plädieren für eine wiederkehrende Überprüfung. Denn sie wissen nicht, wie die Anlage installiert wurde, unter welchen Aufstell- aber auch Bedienungsbedingungen sie arbeitet und wie sie unter diesen Voraussetzungen "altert".
Sie stellen die Frage, warum der Schornsteinfeger diese Prüfung übernehmen muss, obwohl dies eine Wartungsfirma auch übernehmen könnte. Bitte bedenken Sie, dass die Aufgaben des Schornsteinfegers weit über die des Wartungsfachmannes hinausgehen. Der Schornsteinfeger überprüft und reinigt die Abgasanlage und das Verbindungsstück zwischen Feuerstätte und Schornstein. Er führt die Abgaswegüberprüfung mit CO-Messung, bei bestimmten Anlagen auch eine Dichtheitsprüfung und die Emissionsmessung durch. Darüber hinaus ist er für die Bauabnahmen der Feuerungsanlagen, die Kontrolle der Mängelbeseitigung, die sogenannte Feuerstättenschau und die Beratung vor Ort zuständig. Somit überprüft und kehrt der Schornsteinfeger, während die Wartungsfirma lediglich für die Wartung verantwortlich zeichnet.
Eine regelmäßige Wartung der Heizungsanlage wird zwar gefordert, sie ist aber nicht so wie die Arbeiten des Schornsteinfegers per Gesetz vorgeschrieben. Deshalb haben lediglich 20 bis 30 % der Heizungsbesitzer einen Wartungsvertrag. Da viele Besitzer Geld sparen wollen oder eine Wartung ihrer Anlage schlicht vergessen, gibt es somit keine flächendeckende Garantie von Wartungsarbeiten in Deutschland. Außerdem ist eine Kontrolle, ob eine Wartung auch tatsächlich ausgeführt wurde, gegenwärtig nicht geregelt. Deshalb ist nach wie vor der Schornsteinfeger gefragt.
Die Bundesregierung beabsichtigt, das Schornsteinfegergesetz noch in diesem Jahr zu ändern und teilweise die Auswahl eines Schornsteinfegers aber auch nach einer Übergangsfrist den Wettbewerb, zwischen Schornsteinfegern und Wartungsfirmen, zuzulassen. In diesem Zusammenhang sollen auch die Kehr-, Überprüfungs- und Gebührenordnungen der Länder durch eine bundeseinheitliche Ordnung voraussichtlich zum 01.01.2009 ersetzt werden.
Ich versichere Ihnen, dass die Landesregierung auch auf Bundesebene bei der Anpassung dieser Vorschriften die Interessen der Bürgerinnen und Bürger mit Nachdruck verfolgen wird. Insbesondere werden wir prüfen, ob unnötige Bürokratie unter Berücksichtigung der Feuersicherheit abgebaut werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Matthias Platzeck
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