Sehr geehrter Herr Köhler,
vielen Dank für Ihren Diskussionsbeitrag und Ihre Anregung auf meinem Portal. Das Thema „Zugang zu den Seen“ beschäftigt sehr viele Menschen, insbesondere natürlich in Potsdam. Sehr viel Post erreichte mich dazu in den vergangenen Wochen und fast immer geht es dabei vereinfacht gesagt um die schon sprichwörtliche Feststellung unseres Grundgesetzes ´Eigentum verpflichtet´. Erst kürzlich hatte der Konflikt am Griebnitzsee einen neuen traurigen Höhepunkt erreicht: An zwei weiteren Stellen wurde der Uferstreifen verbarrikadiert. Damit ist auch das letzte bisher frei begehbare Stück des Weges blockiert.
Aber nun zu Ihrer Anregung. Dazu kann ich Ihnen zunächst sagen, dass der Wortlaut in unserer Brandenburger Verfassung in diesem Punkt der von Ihnen zitierten bayerischen durchaus ähnelt. Es heißt in Artikel 40 Absatz 3: „Land, Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Allgemeinheit den Zugang zur Natur, insbesondere zu Bergen, Wäldern, Seen und Flüssen, unter Beachtung der Grundsätze für den Schutz der natürlichen Umwelt freizuhalten und gegebenenfalls zu eröffnen.“ Das ist - wie in Bayern - eine Staatszielbestimmung und kein Grundrecht. Deshalb ergibt sich aus diesem Passus auch kein Anspruch für jedermann, was die Sache – Sie merken es bereits – doch etwas komplizierter macht.
Nun hat der Landesgesetzgeber in Brandenburg mit dem Naturschutzgesetz ein so genanntes allgemeines Betretungsrecht in der freien Landschaft vorgesehen. Genau heißt es: "In der freien Landschaft darf jedermann private Wege und Pfade, Feldraine Heide-, Öd- und Brachflächen außerhalb der Nutzzeit … zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr betreten, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben." Damit hat der Gesetzgeber genau das getan, was ihm die Verfassung aufgibt. Allerdings gilt die gerade zitierte gesetzliche Vorschrift nicht in den im Zusammenhang bebauten Ortslagen - wie auf der Potsdamer Seite am Griebnitzsee.
Dem Landesgesetzgeber ist es aber unbenommen, diese Regelung zur Umsetzung der Staatszielbestimmung zu verändern. Derzeit erarbeitet die Landesregierung einen Vorschlag für eine Novelle dieses Gesetzes. Eine Überlegung ist, eine auf der Sozialbindung des Eigentums beruhende Pflicht des Grundeigentümers vorzusehen, einen Durchgang für die Allgemeinheit offen zu halten. Daneben könnte eine entsprechende Satzungsermächtigung für die Kommunen eingeführt werden, die dann auch in besiedelten und siedlungsnahen Bereichen gelten könnte. Damit würde ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und der Linken in Brandenburg umgesetzt werden. Ich werde mich in diesem Sinne einsetzen.
Ich bin übrigens sehr erleichtert, dass - den jüngsten Berichten zufolge - offenbar der Bundesfinanzminister im Streit um den Uferweg nach sehr gründlicher Prüfung und Abwägung das Allgemeinwohl über den höchstmöglichen Verkaufserlös gestellt hat. Das ist ein positives Signal nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, sondern für alle Menschen, denen der ungehinderte Zugang zu den Naturschönheiten am Herzen liegt. Auch ich hatte mich im vergangenen Jahr mit der Bitte an Wolfgang Schäuble gewandt, in diesem Sinne zu entscheiden. Ich vertraue nun darauf, dass sich der Haushaltsausschuss des Bundestages der Empfehlung des Bundesfinanzministers anschließt. Alle am Uferwegstreit Beteiligten sollten dieses Signal aufgreifen und wieder miteinander ins Gespräch kommen.
Mit freundlichen Grüßen
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