Sehr geehrte Frau Jakubahs,
die Schulämterreform bleibt auf meinem Portal ein Dauerbrenner. Nach Frau Fuchs und Herrn Makowitz sind Sie mit Ihrer Wortmeldung auf so große Unterstützung in der Leserschaft gestoßen, dass ich auch zu Ihrem Anliegen in diesem Zusammenhang Stellung nehme. Vorab: Ich habe Verständnis für die Sorgen, die man in der Außensicht oder bei oberflächlicher Betrachtung zur künftigen Funktionsfähigkeit der staatlichen Schulämter vielleicht haben könnte. Lassen Sie mich deshalb zu den bereits vorgetragenen Argumenten für eine Schulämterreform noch Folgendes zu Ihren konkreten Anmerkungen ergänzen:
Richtig ist, dass es die Auflösung der sechs eigenständigen Schulämter und die Zusammenfassung in einer Landesschulagentur mit vier Regionalstellen ermöglichen, bisherige Leitungsstrukturen maßgeblich zu reduzieren. Ebenfalls unstrittig ist, dass unser Land Brandenburg immer wieder Erfahrungen auch anderer Länder einholt, um Fehler zu vermeiden oder besonders intelligente Lösungen zu übernehmen. Ein direkter Vergleich ist aber oft schwierig, weil die Länder in der Regel starke strukturelle Unterschiede aufweisen. So ist ein direkter Vergleich zwischen Brandenburg und dem von Ihnen angeführten Land Nordrhein-Westfalen trotz annähernd gleicher Flächenausdehnung nur schwer möglich. Mit fast 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist es das bevölkerungsreichste und am dichtesten besiedelte Land in Deutschland. Es steht schon allein deshalb vor ganz anderen Herausforderungen als Brandenburg. Welche Aufgaben dort die Schulaufsicht zu bewältigen hat, wird deutlich, wenn man die Zahlen gegenüberstellt: In NRW gibt es etwa 5.800 öffentliche Schulen, in Brandenburg 761. In NRW besuchen 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche eine Schule, in Brandenburg 243.400. NRW beschäftigt rund 181.000 Lehrerinnen und Lehrer, das Land Brandenburg etwa ein Zehntel davon. Schon dies zeigt: Vergleiche mit anderen Ländern sind nicht immer hilfreich, um zu beurteilen, was richtig ist. Letztlich kann jedes Land seine Vorhaben nur bedingt mit Blick auf Regelungen anderer Länder umsetzen, sondern muss diese vielmehr an die eigenen Bedingungen anpassen.
Unser Land ist in der Fläche relativ groß und in der Peripherie zunehmend dünner besiedelt. Dafür weist es im Berlin nahen Raum eine größere und zum Teil sogar wachsende Schuldichte auf. Diesen Gegebenheiten muss sich der Verwaltungsaufbau stellen! Ich habe immer offen ausgesprochen, dass die gesellschaftlichen Veränderungen, - eine davon ist die demografische Entwicklung -, auch Modernisierung und Umbau zur Folge haben. Natürlich gehört dazu auch der verantwortliche Umgang mit öffentlichen Haushalts-mitteln. Wenn sich die Schülerzahl vom Stand heute in den nächsten 10 bis 15 Jahren noch einmal halbieren wird, muss sich das langfristig auch auf die Schulverwaltungen auswirken. Und deshalb wollen wir schon jetzt mit einem neuen Zuschnitt vorsorgen, indem ausgewogenen Aufsichtsregionen entstehen, mit jeweils vergleichbarer Anzahl von Schulen und Lehrkräften. Auf der anderen Seite habe ich Verständnis für Menschen, die wie Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen individuell betroffen sind. Aber ich sage auch: Es kann gelingen, die Veränderungen auch als Entwicklungschance anzunehmen. Moderne Arbeitsorganisation unter Nutzung der sich rasant entwickelnden Medien machen Abläufe und Verständigung möglich, von denen wir vor 15 Jahren noch keine Vorstellung hatten.
Ich bin überzeugt, dass die Informations-, Beratungs- und Beteiligungsrechte von Eltern, Schülerinnen und Schülern auch künftig wahrgenommen werden können. Zunächst werden diese nach dem Brandenburgischen Schulgesetz vorrangig als Aufgaben der Schulen vor Ort zu erfüllen sein. Ungeachtet dessen müssen persönliche Kontakte nicht zwangsläufig im Gebäude eines staatlichen Schulamts stattfinden, sondern können auch vor Ort vereinbart werden. Übrigens wird der eingeschlagene Weg der Schulämterreform von einem Aufbaustab begleitet, der in ständiger Abstimmung mit Gewerkschaften, Kommunalpolitikern und Personalvertretungen, in erster Linie aber mit den Betroffenen, an der Umsetzung des Ziels arbeitet.
Erlauben Sie mir, sehr geehrte Frau Jakubahs, noch eine persönliche Bemerkung zu Ihrer Einstiegsfrage. Es kann – und da bin ich durchaus Ihrer Meinung – auch für Mitglieder einer Landesregierung angezeigt sein, einmal vorgenommene Weichenstellung zu korrigieren, Entscheidungen zurückzunehmen. Dann sollte auch ein Fehler eingestanden werden. Das gibt es, und es ist richtig. Auf der anderen Seite müssen Politiker aber auch zu ihren als richtig erkannten Überzeugungen stehen, auch wenn ihnen manchmal der Wind ins Gesicht bläst. Dann kommt es darauf, im sachlichen Dialog für die Lösung zu werben. In diesem konkreten Fall der Schulämter-reform bin ich überzeugt, dass die von mir geführte Landesregierung auf dem richtigen Weg ist. Und ich nehme gerne die Möglichkeit wie hier auf dem Portal wahr, dafür zu streiten.
Mit freundlichem Gruß
Matthias Platzeck
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