Sehr geehrter Herr Hummel,
die von Ihnen angesprochene Ausschreibung für den regionalen Schienenverkehr in Berlin-Brandenburg beschäftigt seit vielen Wochen die Gemüter. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die vier beteiligten Bundesländer – neben Brandenburg sind das Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt - wollen mit dieser Ausschreibung, die sehr viele attraktive Linien erstmalig in den Wettbewerb bringt, eine gute Qualität für die Bahnkunden zu günstigeren Preisen im Interesse des Steuerzahlers erreichen.
Überall in Deutschland wird sich durch zunehmenden Wettbewerb die Bahnlandschaft weiter verändern. Neue Anbieter werden verstärkt als Arbeitgeber auftreten. Nach meiner festen Überzeugung wird es tendenziell nicht weniger Arbeit für Eisenbahner geben, da günstigere Preise für die Bundesländer die Chance zur Bestellung von mehr Eisenbahnverkehr eröffnet.
Dennoch, sehr geehrter Herr Hummel, habe ich natürlich Verständnis für die Sorge der Beschäftigten, die Veränderungen ihres Arbeitsumfeldes und auch Lohndumping befürchten. Gerade in Zeiten einer harten Finanz- und Wirtschaftskrise wächst die Sorge um Auskommen und Beschäftigung. Die Bahnbeschäftigten haben ein Recht darauf, dass diese Sorgen ernst genommen werden. In den letzten Monaten haben deshalb unser Verkehrsminister Reinhold Dellmann, der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Clemens Appel, und ich selbst mehrere Gespräche mit Vertretern der Gewerkschaften und mit Betriebsräten geführt. Wir haben zugehört und die Sorgen aufgenommen. Ich sage hier ganz klar: Um einen einseitigen Wettbewerb zu Lasten der Mitarbeiter der DB Regio zu verhindern, spricht sich unser Land Brandenburg nachdrücklich für einen einheitlichen Branchentarifvertrag aus. Hierzu gibt es erste ermutigende Signale von den Beteiligten.
Wie Sie richtig schreiben, ist das Land Brandenburg gemeinsam mit Berlin dafür verantwortlich, dass es auf den Schienen in unserer Region schnelle, zuverlässige Verbindungen gibt und zugleich mit den bereitgestellten Finanzmitteln gut und effizient gearbeitet wird. Dieses Ziel verfolgen die beteiligten Bundesländer mit der Ausschreibung. Wir hier in Brandenburg werden unserer Verantwortung gerecht und fordern sowohl Zuverlässigkeit als auch Qualität im Schienenverkehr ein. Unser Ziel ist es dabei, neue Monopolstrukturen zu vermeiden und das wirtschaftliche Risiko auf mehrere Unternehmen zu verteilen. Unter dem Strich stärkt das Land dadurch das Eisenbahnsystem.
Ihre Einschätzung, sehr geehrter Herr Hummel, dass mit der Ausschreibung viele Arbeitsplätze unsicherer werden, teile ich nicht, nehme sie aber ernst. Richtig ist auf jeden Fall, dass eventuell einige Arbeitsplätze zu anderen Unternehmen verlegt werden. Dort wird jedoch die gleiche gute Qualifikation des Personals benötigt. Sehr geehrter Herr Hummel, Sie heben in Ihrer Frage auf Vorgaben der Europäischen Union und die deutschen Gesetze zur Vergabe und zum Wettbewerb ab. Eben diese Vorgaben sind auch Richtschnur des brandenburgischen Handelns in dieser Frage. Denn sie geben den strikten Rahmen vor, alle Bieter gleich zu behandeln, ein transparentes Verfahren durchzuführen und nach eindeutigen Kriterien einen Zuschlag zu erteilen.
Noch ein Wort: Ich schätze und achte Menschen wie Sie, die sich gewerkschaftlich engagieren und sich für Arbeitnehmerinteressen einsetzen. Ohne die Gewerkschaften wäre unsere Gesellschaft ärmer. Ich gebe aber zu bedenken, dass Gewerkschafter sich nicht nur für Arbeit und soziale Gerechtigkeit in einem Unternehmen engagieren sollten. Auch andere Einsenbahnverkehrsunternehmen bemühen sich mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um hohe Qualität und Zuverlässigkeit. Das testen Fahrgäste bereits auf einigen Strecken in Brandenburg; und es wird sowohl in Fahrgastbefragungen als auch in Qualitätszahlen bestätigt. Darüber hinaus wurden von den neuen Wettbewerbern auf der Schiene schon viele Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG übernommen. Auch das jüngste Beispiel der Übernahme von Personal vom vorherigen Betreiber durch einen neuen Anbieter in der Lausitz zeigt, dass es auch für den Einzelnen nicht zu einem Arbeitsplatzverlust kommen muss, wenn ein anderes Eisenbahnunternehmen die Verkehrsleistungen übernimmt.
Mit freundlichen Grüßen
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