Geehrter Frau/Herr Feuchtwanger,

ich glaube, es ist ein Unterschied, was wir unter DDR verstehen. Was die hoch aufgehängte politische Ebene angeht, so verliert sich das sicherlich. Selbst die Hartgesottensten wissen, dass für die Hälfte der kritischen Äußerungen, wie sie hier im Forum zu lesen sind, sie unter analogen DDR-Bedingungen auf einer Stasi-Liste stünden oder mit einem Bein im Knast. Da wissen also nahezu alle die neue Freiheit durchaus zu schätzen.

Was ich gerade als Zugezogener sehr gut verstehen kann, ist, dass die Einflussmöglichkeiten auf der Ebene "darunter", sprich: im "kleinen", überschaubaren Bereich, ganz klar geringer geworden sind und sich ANGESICHTS DESSEN ein berechtigtes Unbehagen formuliert. In Brandenburg und woanders sicherlich auch.

Ich könnte auch sagen, so sehr an Freiheit im Direkten und Politischen gewonnen wurde - abseits vorherigen Starrsinns und vorheriger Bevormundung - um so mehr ist sie in Alltäglichen kleiner geworden, bei genau diesen Eingabemöglichkeiten.

Gewiss liegt das oft genug auch am mangelnden Willen, sich als Behördenmitarbeiter oder Verwaltungsbeamter in die Karten schauen zu lassen, Unbefugte und ohne Kompetenz zudem noch als Störung im Getriebe zu begreifen ...

... bei aller zweifelloser Verbesserung in dieser Hinsicht, was Bürgerbeteiligungsverfahren angeht, bilden sich eine DE FACTO-Blockade heraus:

"Ich kann ja da mit ganzem Herzen mitgehen, was Sie mir hier vortragen ...

... doch überlegen Sie mal ...

... mir sind da doch auch die Hände gebunden.
DAS RECHNET SICH NICHT."

Abgesehen davon, dass ich noch nie eine Sache selbst habe rechnen sehen, damit, mit dieser behaupteten Alternativlosigkeit einschlägiger Rechnerei, ist die Diskussion oft genug beendet.

Eine größere Beteiligung von Menschen halte ich nur in dem Maße für möglich, wie von der behaupteten Alternativlosigkeit gelassen wird, eine politische Kultur in Alternativen, im Sinne einer Bandbreite denkt.

Herzliche Grüße
Helmut Krüger

... ich glaube es ist eher die allgemeine Teilnahmslosigkeit schuld. Natürlich verstehen viele nicht mal mehr die Hälfte von dem was Politiker schreiben oder sprechen. Und Politiker ab oder jenseits der 50 haben nun wirklich keine Ahnung was die Leute wirklich interessiert. Ein gutes Beispiel war der sehr klägliche Versuch von Frau Merkel bei youtube Bürgernähe zu demonstrieren ...

Mir wäre noch wichtig, was neben der allgemeinen Politikverdrossenheit, die m. E. treffender wohl mit Parteienverdrossenheit zu bezeichnen wäre, dann darüber hinausgehend spezifisch für Brandenburg zutrifft, was dann in den höheren Anteil politisch Unzufriedener mündet.

Ich glaube, es ist die 70-80 Std.-Woche, dass politisch maßgeblich Entscheidende vor sich und von anderen als Anspruch gestellt nicht nur hier, sondern auch da und auch noch dort anwesend zu sein, dass das eine solide, langfristige und "nachhaltige" Arbeit schlichtweg konterkariert.

Das liegt dann nicht nur an der Regierung, sondern auch an der exorbitanten Erwartungshaltung von Bürgern, Vereinen und Initiativen, zuallererst den "Obersten" der Regierung zu sehen, nicht aber den tatsächlich Zuständigen. Weil der Letztgenannte als namenlos gilt und damit als Referenz der eigenen Wichtigkeit nicht vorzeigbar ist.

Eine höhere Zufriedenheit mit der Demokratie bedeutete in meinen Augen auch anfassbare Personen, eine Transparenz von Verfahren, eine allgemeinverständliche Erklärung. Der VBB hat da vor einiger Zeit mustergültiges geleistet, was die "Gebrauchsanweisung" der neu eingeführten Sozialkarte anbetrifft.

Ein abschreckendes Beispiele ist da das hochgehaltene, rechtlich wasserdichte Amtsdeutsch, oft genug allerdings genau aus den Gründen so formuliert, um sich in Zeiten inflationär gewordener Klageführung zu wappnen.

Wo Vertrauen und Zufriedenheit nicht ist, wo jeder Fall dazu genutzt wird, andere ggf. zu Fall zu bringen, da kann es m. E. mit der Verständlichkeit und dem Verstehen nicht weit her sein.

Vielleicht gehört das nicht hier her und ich bin Romantiker.

TUN SIE NICHT MEHR,
TUN SIE WENIGER ...

liegt es mir manchmal auf der Zunge.

Wer aber will das, was die BEIDSEITIGEN Erwartungen angeht?

Mit "Weniger" meine ich nicht nur die Präsenz überall und damit nirgends, mit "Weniger" meine ich auch die Erarbeitung und Beschlussfassung von Gesetzen, die letztlich von ihrer Alltagswirkung her geradezu nichtig sind, weil deren Anwendungshäufigkeit in keinster Weise zum Aufwand ihrer Formulierung stehen.

Ich glaube, hierin -d. h. in der künstlichen Verkomplizierung alltäglicher Lebensverhältnisse bis ins Absurde hinein - liegt ein Großteil der Unzufriedenheit spezifisch in Brandenburg, weil genau hier mehr noch als in den anderen ostdeutschen Ländern DDR-Biografien in ihrem Alltäglichen zählen; DDR-Biografien nicht gemeint als Verteidigung des vormaligen politischen Systems.

In der Weise, wie im Kleinen und Nichtigen überreguliert wird, bleibt zu wenig an Regulierung im Großen, was in seiner weitestgehenden Ungeregeltheit damit in großen Teilen unmenschlich bleibt bzw. wird.

Tut sich hier gerade in Brandenburg, weil ja der Anspruch des Runden Tisches lebendiger ist als woanders, damit nicht noch eine größere Kluft auf, während da, wo gar kein solcher Anspruch (mehr) besteht, auch keine Enttäuschung und Unzufriedenheit darüber entsteht?

Amtsdeutsch! Oh ja. Ich war "arbeitssuchend". Die Briefe vom Amt waren wunderbar! Teilweise unverständlich und nichtssagend. Und wenn man dann mit der Post in der Hand zum zuständigen Mitarbeiter stampft um sich das zu doch bitte erklären zu lassen... na lassen wir das. Beamten haben eigentlich nichts mit Politikverdrossenheit zu tun.

... wenn man sich den Rummel um Wulff anschaut, ist Politikverdrossenheit absolut verständlich! Ich frag mich ob uns das auch so gehen würde? Kaum an der Macht ...

Interessante Frage, Herr Barmer.

Ich glaube nicht.

Die Frage darart beantwortet, sollte uns nach meiner Auffassung allerdings weder zynisch noch fatalistisch machen, dass in einer Art Nullsummenspiel alles mit allem zur Null hin verrechnet wird.

Irgendwie schwankt ja immer alles zwischen "Wir sind alle kleine Sünderlein" und dem illusionären Versuch, zu Übermenschen zu werden oder sich zumindest so darzustellen. Mancher Finger, der da begleitet mit Stimmgewalt vehement auf den anderen geht, wäre besser AUF NICHT VORWURFSVOLLE ART auf die eigene Person gegangen.

Ich glaube, dass gerade diese Inszenierung des Fingerzeigens, des politischen ABRECHNENS untereinander, wo jeder weiß, der andere kocht auch nur mit Wasser, viel Unzufriedenheit, treffender: Parteienverdruss ausmacht.

Zu Wulff, ggf.: Im Vergleich bspw. zu von Weizsäcker oder auch Johannes Rau kann Christian Wulff mit Sicherheit nicht mehr die Vorbildfunktion wahrnehmen, die das Präsidentenamt in gewisser Weise auszeichnen soll ...

... was jedoch medienmäßig geschieht, das ist Hinrichtungs-Journalismus, Inquisition.

journalismus ist doch auch die aufdeckung von dingen, die sonst nicht veröffentlicht werden. da sich ein ministerpräsident zum oktoberfest einladen lässt ist doch schon ein starkes stück ... übrigens sind nicht nur brandenburger unzufrieden. ich habe so häufig das gefühl von "den da oben" nicht ernst genommen zu werden ...

Erst einmal möchte ich es hervorheben, dass Herr Platzeck, einer der wenigen Politiker ist, die hier auf der Plattform „Direktzu“ einen Spielraum für gelebte Demokratie bieten. Und das ist gut so, so erfährt unser Landesvater auch von denen, die es leid sind, sich mit Petitionen und persönlichen Beschwerden beim Landtag Gehör zu verschaffen. Meist bekommen sie dann Antworten wie: „Dieses Problem liegt bei der kommunalen Selbstverwaltung. Bitte wenden Sie sich an die Vertreter Ihrer Gemeinde…“. Fragt man dann die Verantwortlichen im Unteren Verwaltungsbereich, können diese die anstehenden Probleme nicht klären. Vielmehr stellt sich für mich heraus, dass die Probleme oft erst durch die Gesetze der Landesregierung entstanden sind. Die kommunale Selbstverwaltung muss diese umsetzen – Siehe KAG- Altanschließer.
Aber wie kam es dazu? Unser Landesvater und viele seiner Mitstreiter der Landesregierung waren doch auch mal Bürger wie du und ich. Gut damals waren wir noch DDR-Bürger, aber das Thema ist abschlossen. Nur soviel, die vor 1990 Regierenden bekamen nicht mit, was an der Basis wirklich geschah und was für Meinungen herrschten. Da ist es gut, dass es dieses Forum hier gibt und auch JEDER seine Anfrage beantwortet bekommt.
Ja unzufrieden mit der Demokratie…
Eine gute Aussage war der Vorkommentar, „Politiker zum Anfassen“, wie man Frau Hildebrand kannte. Sie war eine Politikerin, die sich unters Volk mischte, auf die Leute zu ging und wirklich mit JEDEM den Kontakt und das Gespräch suchte.
Und heute?

....
Und heute?

Verwaltungsbeamte aus der Nachbargemeinde: …der Herr Platzeck kommt zur Bundesladeübergabe, oh Gott und die Bürgerinitiative möchte öffentlich demonstrieren, dass das Altanschließer-Problem vom Landesvater aufgegriffen wird. DAS MÜSSEN WIR VERHINDERN!!!“ - Das taten diese dann auch, mit Faulen Versprechen wurde die Initiative mundtot gemacht. Ist das Demokratie?
Ich komme ja vom Land. Ich möchte den Demokratiefrust mit einer Herde Schafe vergleichen. Der Schäfer, da andere Schäfer in die Insolvenz gingen, hat die Schafe der anderen dazu bekommen. Es ist eine riesige nicht überschaubare Herde geworden. Da der Schäfer nicht überall sein kann, übersieht er viele seiner Schäfchen, die zum Beispiel eine Verletzung an der Färse haben. Das ist noch nicht so schlimm, das verletzte Schaf kann ja noch schreien und auf sich aufmerksam machen. Aber der Schäfer hat vom Insolvenzverwalter auch die Hütehunde mit übernommen. Diese hat er aber nicht unter Kontrolle. Jedes mal wenn ein verletztes Schaf sich lauthals melden möchte, beißen diese Hunde es zur Ruhe.
Und der Schäfer denkt: „Die Herde ist doch gesund. Was die anderen Schäfer immer meinen, ich hätte kranke Tiere…“
…es scheint in näherer Zukunft noch größere Herden zugeben, die nächste Gemeindegebietsreform steht in den Startlöchern. Statistiken von privaten Institutionen geben dem Land vor welchen demografischen Wanden Brandenburg durchleben wird. Ein Teufelskreis, eine Gemeinde schluckt die andere. Wann wird das südlich in Brandenburg gelegene kleine Örtchen, in dem ich wohne, zum Großkreis Potsdam gehören?