Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sicher aus den Medien erfahren haben, werde ich am 28. August vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Deshalb wird es mir künftig nicht mehr möglich sein, Ihre Fragen an dieser Stelle zu beantworten. Der Bürgerdialog über das Onlineportal direktzu.de hat in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl von Anliegen und Problemen von Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, thematisiert. Ich habe mich über die anhaltende Resonanz sehr gefreut. Sie dokumentierte Ihr Interesse am Lebensumfeld, aber auch an politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Das Portal war für mich wichtiger Anzeiger, welche Sorgen, Probleme oder Anliegen die Menschen im Land bewegen. Es bot die Möglichkeit, politische Bewertungen aus der brandenburgischen Bevölkerung ungefiltert und direkt zu erfahren. Und ebenso offen und geradeheraus habe ich mich stets um Antwort bemüht. Für mich war darüber hinaus entscheidend, dass das Voting-Verfahren den öffentlichen Diskurs bei uns im Land befördert. Fragesteller und auch ich wussten dadurch: Das interessiert Viele!

Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und die vielen interessanten Fragen und Einschätzungen.

Herzlichst

Ihr

Matthias Platzeck

Beantwortet
Autor Holger Pietzsch am 02. Dezember 2012
8493 Leser · 72 Stimmen (-3 / +69) · 0 Kommentare

Umwelt

Wasserkraft

Sehr geehrter Herr Platzeck,

Als " Deichgraf " sind Sie vielen Menschen in guter Erinnerung.
Vielleicht klappt es deswegen mit der Fliegerei nicht so richtig, und ich möchte folgende Fragestellung des Landesfischereiverbandes Brandenburg aufgreifen.

ZITAT :

" Die Fakten sind hinlänglich bekannt: Kleinwasserkraftanlagen sind wirtschaftlich unrentabel und ihre Auswirkungen auf die Gewässer katastrophal. Dennoch werden diese Fischhäckselanlagen mit satten Subventionen aus dem Steuersäckel bedacht?! Selbst in Brandenburg sind gegenwärtig bereits solche Anlagen im Bau bzw. in Planung. Wer stoppt bitte diesen "energiepolitischen Amoklauf"?! "

Dazu dieser Link :

http://www.planetopia.de/nc/magazin/news-details/datum/20...

Vielen Dank für Ihre fachkundige Antwort im Voraus !

mit freundlichen Grüßen

Holger Pietzsch

+66

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Antwort
von Matthias Platzeck am 01. Februar 2013
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Pietzsch,

mit Ihrer Frage zu Kleinwasserkraftanlagen rücken Sie einen Techno- logiebereich der Erneuerbaren Energien in das öffentliche Bewusstsein, der bislang in der Diskussion um unsere künftige Energieversorgung nur wenig Beachtung findet. Insofern gilt Ihnen schon allein deshalb mein Dank für Ihre Wortmeldung. Wir sind uns sicher einig: Wasserkraftanlagen dienen schon seit Jahrhunderten als Antriebstechnologie und später zur Energiegewinnung, indem das Gefälle von geeigneten Flussläufen genutzt wird. Bis zum 19. Jahrhundert waren es ausschließlich Wasserräder, seit etwa 1850 kam die Turbinentechnik dazu.

In Ihrer Wortmeldung äußern Sie zwei grundsätzliche Bedenken gegen diese Technologie. Zunächst zum Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit: Ihre pauschale Äußerung will ich so nicht im Raum stehen lassen. Welcher Investor würde schon eine Wasserkraftanlage reaktivieren oder neu errichten, wenn dauerhaft „rote Zahlen“ geschrieben würden? Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Teil der Investitionssumme für ökologische Ausgleichsmaßnahmen aufgewendet werden muss. Für das Land Brandenburg gilt: Sofern für ein solches Vorhaben Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, geschieht dies nur, wenn die Vorgaben auch des Naturschutzes erfüllt werden. So darf gemäß Wasserhaushaltsgesetz die Nutzung von Wasserkraft nur zugelassen werden, wenn zugleich geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fische ergriffen werden. Eine entsprechende Anpassungspflicht gilt auch für Wasserkraft- anlagen, die schon vor dem 1.März 2010 bestanden.

Sie haben recht: Aufgrund der Einspeisevergütung mach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz haben die bran­den­bur­gischen Wasserbehörden ständig Anträge für Wasserkraftanlagen zu bewerten. Brandenburg hat zu diesem Zweck ein Durchgängigkeitskonzept für die wichtigsten Fließgewässer erarbeitet. Gewässer, die von regionaler oder überregionaler Be­deutung für die Durchgängigkeit der Fische sind, erhalten vom Landesamt für Gesundheit, Um­welt und Verbraucherschutz grundsätzlich keine Zustimmung für den Neubau beziehungsweise die Rekonstruktion von Anlagen. Das gilt etwa für die Spree, die Stepenitz oder auch die Havel.

Auf der anderen Seite ist ganz klar und damit bin ich bei Ihrem zweiten Einwand, dass eine Wasserkraftanlage immer auch ein Eingriff in die biologische Struktur des jeweiligen Gewässers ist. Und ich stimme mit Ihnen überein, dass in der Vergangenheit bei der Errichtung von Wasserkraftanlagen die Fischkunde nicht immer ausreichend berücksichtigt wurde. Hier hat es in den vergangenen Jahren aber durchaus eine „Lernkurve“ gegeben. Mit einer Reihe von Maßnahmen wird versucht, die Durchgängigkeit für Fische zu erhöhen. Die von Ihnen angeführte Sendung zur Unckelmühle an der Sieg in Nordrhein-Westfalen, die 2012 mit einer neuen Fischschutzanlage ausgerüstet wurde, zeigt, dass Energiegewinnung mittels Wasserkraft und Fischschutz kein Widerspruch sein müssen.

Vielleicht noch ein grundsätzliches Wort zum Schluss. In Deutschland, aber auch weltweit stehen die Menschen vor der Aufgabe, die Energiegewinnung im Einklang mit dem Klimaschutz neu zu organisieren, um die Erderwärmung zu stoppen. Nach der festen politischen Überzeugung hier bei uns in der Bundesrepublik darf die Atomkraft dabei keine Rolle mehr spielen. Um aber dennoch eine sichere und bezahlbare Energieversorgung zu gewährleisten, bedarf es vielfältiger Anstrengungen und immer wieder auch neuer Ideen. Die uralte Technik zur Nutzung der Wasserkraft kann dabei – bereichert um moderne Verfahren zum Schutz der Flussfauna - als klimaschonendes Puzzleteil durchaus eine Rolle spielen.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Platzeck